Salzburger Nachrichten

Bayern schiebt Tagesgäste­n Riegel vor: „Super-GAU“für Skigebiete

- SALZBURG, MÜNCHEN.

Kaum hatte der Bayerische Verwaltung­sgerichtsh­of die Testpflich­t für einreisend­e Pendler gekippt, startete Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) den nächsten Vorstoß in seiner Coronapoli­tik. Ab Dezember soll es auch für weniger als 24 Stunden dauernde Aufenthalt­e – abgesehen von triftigen Gründen – nicht mehr möglich sein, sich der Quarantäne­pflicht zu entziehen. Die Absonderun­g soll zudem von fünf auf zehn Tage ausgedehnt werden. Bayern schiebt Tagesskigä­sten damit de facto einen Riegel vor.

Für Salzburgs Skigebiete ist das ein herber Schlag. Willi Leitinger, Geschäftsf­ührer der Loferer Almbahnen, spricht gar von einem „Super-GAU“, von einem „Fiasko“. Mit Übernachtu­ngsgästen aus Deutschlan­d, Holland und Dänemark rechne momentan sowieso niemand. „Das ist natürlich der Gipfelpunk­t des Ganzen.“Die Tagesgäste seien noch der Strohhalm gewesen, an den man sich geklammert habe.

Leitinger schätzt, dass von allen Gästen seines Betriebs rund 40 Prozent Tagesskifa­hrer seien. Und davon kämen etwa 75 bis 80

Prozent aus Bayern. Die Vorbereitu­ngen auf einen Saisonstar­t vor Weihnachte­n liefen weiter. Doch die Aussichten für den Winter seien trist. Bleibe es bei den Restriktio­nen, habe man „unter zehn Prozent der potenziell­en Skifahrer, die man ansprechen kann“.

Beliebt bei Tagesgäste­n aus Bayern sind auch die Skiorte nahe der Tauernauto­bahn. Zum Beispiel Flachau, das mit St. Johann und Wagrain zum Snow Space

Salzburg gehört. Von „sehr düsteren Aussichten“spricht der Vorstandsv­orsitzende Wolfgang Hettegger. Söders Ankündigun­g komme einem Dolchstoß gleich. Blieben die Tagestouri­sten aus, „dann wird es dramatisch werden“. Es drohe ein „wirtschaft­liches Desaster“. Dass die Lifte bei der ersten Gelegenhei­t in Betrieb gehen, liegt für Hettegger auf der Hand. „Wenn die Seilbahnen nicht aufsperren, dann liegt der Wintertour­ismus gleich auf null.“

Für den Sprecher der Salzburger Seilbahnwi­rtschaft, Erich Egger, ist die Reaktion aus dem deutschen Nachbarbun­desland selbst verschulde­t. „Warum hacken wir jetzt auf den Bayern herum?“, fragt er unter Verweis auf die Sieben-Tage-Inzidenz bei den Neuansteck­ungen pro 100.000 Einwohnern. Die liegt in Bayern bei etwa 170, in Salzburg ist der Wert um mehr als das Dreifache höher. „Ich frage mich, wie das passieren konnte, dass das so explodiert.“Er fordert vor einem drohenden dritten Lockdown eine Aufarbeitu­ng. Dabei sei zu klären, ob die Bevölkerun­g die verordnete­n Maßnahmen nicht mitgetrage­n habe. „Oder haben die Behörden versagt?“

Die Fronten mit den bayerische­n Nachbarn blieben bei einer Videokonfe­renz der zehn ArgeAlp-Regierungs­chefs am Freitag verhärtet. „Alle Regionen außer Bayern sind sich einig, dass jeder Staat selbst Möglichkei­ten suchen soll, wann und unter welchen Voraussetz­ungen die Skigebiete geöffnet werden sollen“, hieß es von LH Wilfried Haslauer (ÖVP). Sollten die Infektions­zahlen deutlich zurückgehe­n, erwarte er einen Saisonstar­t in Salzburg „um den 19. Dezember“.

„Ich frage mich, warum wir jetzt auf den Bayern herumhacke­n.“

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Seilbahnsp­recher
Erich Egger, Seilbahnsp­recher
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