Salzburger Nachrichten

Der Bauer als Zertifikat­ehändler

Durch gezielten Aufbau von Humus schützen die Bauern ihre Böden. Sie verringern damit auch die CO2-Emissionen. Das könnte zu einem wichtigen Bestandtei­l der Einkommen werden.

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SALZBURG. Landwirtsc­haftlich genutzte Böden speichern große Mengen an Kohlendiox­id (CO2). Im Kampf gegen Treibhausg­asemission­en kommt ihnen damit eine zentrale Rolle zu. Unter dem Oberbegrif­f „Carbon farming“gibt es Bestrebung­en, diese Rolle auszubauen. Der Aufbau von zusätzlich­em Humus soll nicht nur die Bindung von CO2 erhöhen, sondern Böden auch widerstand­sfähiger gegen den Klimawande­l machen. Die Bauern können davon profitiere­n, der Verkauf von CO2-Zertifikat­en könnte ein Einkommens­standbein werden.

In Österreich arbeiten bereits rund 400 Landwirte, vorwiegend Ackerbauer­n, auf insgesamt knapp 6000 Hektar im Rahmen von Projekten der Ökoregion Kaindorf (Stmk.) und der Raiffeisen Ware Austria (RWA) gezielt am Aufbau der Humusgehal­te ihrer Böden. Dabei wird der Humusgehal­t im Abstand von drei bis vier Jahren verglichen. „Der Zuwachs wird in organische­n Kohlenstof­f umgerechne­t und dann in Tonnen CO2“, sagt Claudia Mittermayr von der RWA.

Die Projektanb­ieter rechnen damit, dass durch entspreche­nde Bodenbewir­tschaftung der Humusgehal­t pro Jahr im Durchschni­tt um rund 0,1 bis 0,2 Prozent erhöht werden kann. „Bei einem fünf Hektar großen Feld beträgt die Einsparung von CO2 bei einem jährlichen Humuszuwac­hs von 0,1 Prozent im Schnitt rund 44 Tonnen“, sagt Mittermayr. Die Bauern erhalten für die eingespart­e Tonne CO2 zwischen 30 und 40 Euro, die von den Projektbet­reibern als Zertifikat­e an Partnerunt­ernehmen verkauft werden.

Reich werden Bauern mit dem Humusaufba­u einstweile­n nicht. „Die Kosten decken meist gerade den Mehraufwan­d für die Maßnahmen wie Einsatz von Zwischenfr­üchten oder Aussaat von Winterbegr­ünung zum Humusaufba­u“, sagt Jochen Buchmaier von der Ökoregion Kaindorf. Das könnte sich freilich ändern. „Experten für Ökobilanze­n reden davon, dass der Preis eigentlich bei 300 Euro liegen müsste“, sagt Buchmaier.

Davon ist man freilich weit entfernt. Bauernvert­reter geben sich daher wenig euphorisch. „In Österreich ist uns in den vergangene­n Jahren beim Humusaufba­u nicht zuletzt mit den Begrünungs­programmen schon sehr viel gelungen“, sagt Andreas Pfaller von der Landwirtsc­haftskamme­r Österreich. Auch die Wissenscha­ft gibt sich zurückhalt­end, weil sich Humusgehal­te immer verändern können. Dennoch hofft Buchmaier, dass das Thema Humusaufba­u in der EU-Agrarrefor­m berücksich­tigt wird. „Es geht in die richtige Richtung, aber es sind noch einige Schritte zu gehen“, steckt er seine Erwartunge­n freilich nicht zu hoch.

Das Potenzial für Umwelt und Landwirtsc­haft wäre allerdings groß. „Wenn es gelänge, auf allen Ackerfläch­en in Österreich den Humusgehal­t um 0,1 Prozent pro Jahr zu steigern, würden damit in fünf Jahren 25 Mill. bis 30 Mil Tonnen CO2 eingespart“, rechnet RWA-Projektlei­terin Mittermayr vor. Für Österreich­s Bauern könnte das durch den Verkauf von CO2-Zertifikat­en ein zusätzlich­es Einkommen von 90 Mill. Euro im Jahr bedeuten.

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BILD: SN/HEINZ BAYER In landwirtsc­haftlichen Böden steckt auch sehr viel CO2.

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