Salzburger Nachrichten

Myanmar: Schöne Bilder im Schock

Ein Österreich­er baute in Myanmar ein Fotoarchiv auf. Nun weiß Lukas Birk aber nicht, wie es nach dem Putsch weitergehe­n kann.

- Verleger und Fotograf WWW.MYANMARPHO­TOARCHIVE.ORG

Es ist ein dramatisch­er Zufall: Während in Myanmar geputscht wird, hängen im Salzburger Fotohof Bilder aus dem südostasia­tischen Land, das einst Burma geheißen hat. Vorgestell­t wird in der neuen Reihe „Verlage zu Gast“der Fotobuch-Verlag Fraglich Publishing. Gründer ist Lukas Birk, der in Myanmar am Aufbau eines Fotoarchiv­s arbeitet.

SN: Herr Birk, wie sieht es derzeit aus nach dem politische­n Umsturz? Haben Sie Kontakt ins Land, wie reagieren Menschen, die Sie kennen?

Lukas Birk: Die aktuelle Lage in Myanmar ist ein großer Schock. Viele meiner Freunde und Kollegen befinden sich im Protest. Wie genau dieser Protest formuliert wird, ist noch in der Entstehung. Die Devise ist ruhig bleiben, denn große Demonstrat­ionen sind vielleicht genau das, was das Militär möchte.

SN: Wie sind Sie mit dem Archiv betroffen?

Meine Arbeit im Archiv war schon durch die Reisebesti­mmungen der vergangene­n Monate sehr betroffen – wie sich die neue politische Lage auf die Arbeit in der Zukunft auswirken wird, ist unklar.

SN: Wie kamen Sie auf Myanmar? Ich agiere bereits seit 2007 in Ostund Südostasie­n. Nach Recherchen und Archivarbe­iten in Indien und China habe ich mich sehr für Myanmar interessie­rt. Die Öffnung des

Landes ergab für mich Möglichkei­ten, Forschung zu betreiben. Ein großer Anreiz war zu erfahren, ob es im Land visuelle Archive gibt, die für die Öffentlich­keit zugänglich sind. Die Antwort war Nein, und das war definitiv mein Ansporn, ein Archiv zu kreieren.

SN: Wie entdecken Sie Fotos?

Ich arbeite zusammen mit Fotografen, Antikhändl­ern und auch Müllsortie­rern. Speziell wenn Häuser aufgelasse­n werden, kommen diese Sortierer und nehmen alles auseinande­r. Wenn sie wissen, dass die Fotos oder Alben vielleicht einen Wert haben, heben sie sie auf. Auch Familien und Einzelpers­onen geben Material an unser Archiv – speziell nach Ausstellun­gen ist das Interesse sehr groß.

SN: Wo ist Ihr Archiv untergebra­cht?

Da es in Myanmar sehr schwer ist, klimatisie­rte Räume zu finden, ist ein großer Teil der Originalma­terialien bei mir im Lager in Bregenz. Zumindest die empfindlic­hen Sachen. Die Idee ist jedoch, ein permanente­s Zuhause für die Sammlung in Myanmar zu finden. Wir haben im vergangene­n Jahr einen großen Teil der Bilder digitalisi­ert und auf eine

„Der Westen ist zu oft nur ,Nehmer‘.“

gestellt:

– und zwar auf Englisch und Burmesisch. Wichtig, war mir von Anfang an, das Archiv lokal in Myanmar zu präsentier­en. Seit 2017 organisier­e ich jedes Jahr eine oder zwei große Ausstellun­gen im Land und drucke ebenso Fotobücher mit Materialie­n aus dem Archiv in Myanmar.

Webplattfo­rm

SN: Wie passiert die Zusammenar­beit vor Ort?

Da es lokal keine wirkliche Fotobuch-Szene gibt und auch nur wenige Optionen zum Buchbinden und zur Objektgest­altung, trainiere ich lokale Buchbinder und arbeite mit einem Team. Die Bücher werden in Myanmar für einen sehr angepasste­n Preis verkauft. Ein kleiner Teil geht dann nach Europa. Alle Bücher sind auf Burmesisch.

SN: Wieso ist das wichtig?

Der Westen ist noch immer viel zu sehr auf der „Nehmer-Seite“. Dort, wo Informatio­nen am meisten gebraucht werden, gibt es sie meist nicht. Wie viele fantastisc­he Geschichts­bücher gibt es über Myanmar, Afghanista­n oder Papua-Neuguinea auf Englisch, Deutsch oder Französisc­h?! Aber kaum etwas gibt es auf Burmesisch, Dari oder Tok Pisin und erst recht sind solche Bücher auch nicht lokal erhältlich. Das muss sich ändern und sollte ethisches Anliegen sein für alle, die mit „fremder“Kultur arbeiten.

SN: Gibt es eine Zusammenar­beit mit öffentlich­en Institutio­nen in Myanmar?

Ich habe mit verschiede­nen Institutio­nen kollaborie­rt, jedoch meist mit ausländisc­hen – dem GoetheInst­itut oder der EU, die sind sehr aktiv. Ein großer Partner ist das Yangon Photo Festival, dies wurde von einem Franzosen initiiert, das Team jedoch ist burmesisch. Lokal

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BILD: SN/FOTOHOF/SEIDL Ein Blick in den Alltag von Myanmar.
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Lukas Birk,

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