Die Israel-Option, die keine war
Warum Österreich ein Angebot Israels, gemeinsam Impfstoffe zu beschaffen, ablehnte.
Für innenpolitische Aufregung sorgte am Montag ein Bericht der „Financial Times“, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Mai des Vorjahrs ein Angebot Israels, Coronaimpfstoffe gemeinsam zu beschaffen, abgelehnt habe.
Empört über die Meldung zeigte sich ausgerechnet die impfskeptische FPÖ. Deren Obmann Norbert Hofer sprach von einem katastrophalen Fehler des Kanzlers, der zu Wirtschaftskollaps und horrender Arbeitslosigkeit geführt habe. Kurz müsse zurücktreten, forderte Hofer, denn wäre Österreich im Vorjahr eine Kooperation mit Israel eingegangen, hätte allen Impfwilligen bereits ein Impfstoff zur Verfügung gestellt werden können.
Das Bundeskanzleramt wies in einer Reaktion auf den Zeitungsbericht darauf hin, dass die IsraelOption in Wahrheit keine gewesen sei. Zwar hatte es im Frühjahr 2020 im Rahmen der sogenannten „First Movers“-Gruppe (Österreich, Israel, Tschechien, Australien, Neuseeland, Dänemark, Griechenland und Norwegen) Überlegungen gegeben, gemeinsam Impfstoff zu beschaffen. Ähnliche Initiativen gab es zu dieser Zeit auch in anderen Ländern, etwa bezüglich einer möglichen Impfallianz Deutschlands mit einigen anderen EUStaaten. Doch als sich die EU im Juni darauf einigte, gemeinsam über die EU-Kommission Impfstoffe zu bestellen, mussten sich die EUMitgliedsstaaten verpflichten, keine separaten Verträge mit den betroffenen Firmen mehr abzuschließen.
Im Unterschied zu den EU-Staaten konnte Israel separate Verträge mit den Impfstoffherstellern abschließen und bereits rund die Hälfte der Bevölkerung mindestens ein Mal impfen.
Eine Ausnahme von der EU-Vorgabe der gemeinsamen Vorgangsweise gibt es nur für Impfstoffe, die nicht EU-weit von der EU-Arzneimittelbehörde EMA zugelassen sind. Da können nationale Behörden eine Notfallzulassung aussprechen. In so einem Fall übernimmt der Staat weitgehend die Haftung für etwaige Impfschäden. Die EMA spricht wiederum sogenannte bedingte Zulassungen aus, wo der Hersteller für die Schäden haftet. Auf dem Weg der Notfallzulassung hat Ungarn jüngst zusätzlich zu den EU-Impfstoffkontingenten die Verimpfung von Vakzinen aus Russland (Sputnik V) sowie aus China (Sinopharm) erlaubt. In der EU sind bisher die Vakzine von Biontech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca zugelassen.
Kanzler Kurz reist am Donnerstag gemeinsam mit der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen nach Israel. Bei den Gesprächen mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu soll es vor allem um eine Kooperation bei der Erforschung und Herstellung von Impfstoffen gehen.