Wie gut ist der Impfstoff von AstraZeneca wirklich?
Manche EU-Bürger lehnen das britisch-schwedische Vakzin ab. Sind die Zweifel berechtigt? Ein Faktencheck.
In Frankreich, Deutschland und Italien sollen nur 16 bis 20 Prozent der gelieferten Impfdosen von AstraZeneca verbraucht worden sein (die SN berichteten). Was man über das Vakzin mittlerweile weiß.
1. Ist AstraZeneca weniger wirksam?
Wie hoch die Wirksamkeit ist, hängt stark davon ab, in welchem Abstand und in welcher Dosierung der Impfstoff verabreicht wird. Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie mit mehr als 17.000 Probanden erreichte das Vakzin bei einem Abstand von zwölf Wochen zwischen Dosis eins und zwei eine Wirksamkeit von 81 Prozent; bei sechs Wochen waren es 55 Prozent. Virologen wie Alexander Kekulé vom Universitätsklinikum Halle gehen von einer durchschnittlichen Wirkung von 70 Prozent aus – und somit weniger als bei den mRNAWirkstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna (mehr als 90 Prozent). Jedoch: „Selbst wenn eine Impfung nur zu etwa 70 Prozent wirksam ist, heißt das zwar, dass man zu den 30 Prozent gehören kann, die trotzdem erkranken – aber bei Weitem nicht so schwer.“Vor schweren Verläufen ist man also auch mit AstraZeneca geschützt.
Und: Laut einer Studie aus Schottland ist man nach der ersten Impfung mit AstraZeneca sogar besser geschützt als bei jener mit Biontech/Pfizer.
2. Gibt es starke Impfreaktionen?
In Sachen Impfreaktionen gebe es bei AstraZeneca „eine deutlich höhere Melderate“als bei Biontech/Pfizer und Moderna, berichtet das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen. Bei 1000 Impfungen melden im Schnitt 60 Betroffene
Impfreaktionen; bei Biontech sind es grob 5. Die Reaktionen würden den Zulassungsstudien entsprechen: Es handle sich primär um Kopfschmerzen, Müdigkeit, Muskelschmerzen, Unwohlsein. „Die Mehrheit war mild bis moderat und verschwand binnen weniger Tage“, ergänzt das Bundesamt. Auffällig: Bei AstraZeneca treten Impfreaktionen primär nach der ersten, bei Biontech nach der zweiten Dosis auf. Und jüngere Menschen scheinen – zumindest bei AstraZeneca – anfälliger für Impfreaktionen als ältere (statistisch bereinigt).
3. Schützt AstraZeneca gegen Virusvarianten?
Gegen die britische Variante schützt das Vakzin gut. Bei den erstmals in Brasilien und Südafrika aufgetretenen Varianten dürfte der Schutz indes leiden. Vor allem bei milden Verläufen sei dieser nur gering. Eine kürzlich veröffentlichte Studie der University of Texas Medical Branch legt jedoch nahe, dass auch die mRNA-Vakzine bei der südafrikanischen und der brasilianischen Variante weniger wirksam sein dürften. Virologen beruhigen aber: Vor schweren Verläufen dürfte man in jedem Fall geschützt sein.
4. Wieso ist der Impfstoff für Ältere nicht zugelassen?
Während die Europäische Arzneimittel-Agentur AstraZeneca auch für Bürger mit mehr als 65 Jahren zugelassen hat, gibt es für das Nationale Impfgremium dafür noch zu wenig belastbare Daten. Dies bestätigte das Gesundheitsministerium am Montag. Jene Daten, die bereits vorliegen, lassen aber auf eine ähnliche Verträglichkeit und Wirksamkeit wie bei Jüngeren schließen. Da gerade weitere Studien laufen, sei davon auszugehen, dass bald auch über 65-Jährige mit AstraZeneca geimpft werden können, ergänzt das Ministerium.
5. Lehnen auch Österreicher AstraZeneca ab?
Laut Gesundheitsministerium sind bislang 156.000 AstraZeneca-Dosen geliefert worden. Und diese seien allesamt verplant. „Es sind sogar etwas mehr verplant, als da sind.“Das heißt: Für alle AstraZeneca-Dosen ist bereits ein Impftermin vereinbart worden. „Wir können also nicht davon sprechen, dass AstraZeneca ein Ladenhüter ist“, verlautbart das Ministerium. Das ImageProblem sei freilich bekannt. „AstraZeneca hatte einen schweren Start, das Image wird aber besser. Ein jeder Impfstoff, der in Europa zugelassen ist, ist ein ausgezeichneter.“Entsprechend müsse auch niemand befürchten, in irgendeiner Form benachteiligt zu werden, weil er den einen oder den anderen Impfstoff bekommen hat. „Diese Angst muss man nicht haben.“