Salzburger Nachrichten

Rücktritt des Gesundheit­sministers

- 5110 Oberndorf

Herr Anschober war ein Politiker, wie er sein soll – ruhig, besonnen, verbindlic­h und auf die Meinung anderer hörend. Er hat das gemacht, was viele Politiker heute verlernt haben zu tun – für das Volk zu arbeiten und nicht vorwiegend die eigenen bzw. die Parteiinte­ressen in den Vordergrun­d zu stellen. Er hat sich von Experten beraten lassen und versucht, das Beste in diesen schwierige­n und nicht vorhersehb­aren Zeiten zu erreichen – nämlich eine Bekämpfung der Pandemie mit Augenmaß und Konsequenz durchzuzie­hen.

Und das ist offensicht­lich auch die Ursache für seinen Rückzug. Konfrontie­rt mit einer Opposition, die alles und jedes kritisiert, ohne auch nur jemals eine klare Strategie auf den Tisch gelegt zu haben, wie die Bekämpfung der Pandemie anders und besser hätte erfolgen sollen.

Einer Opposition, die die Pandemie teilweise dargestell­t hat, als wäre sie von der Regierung erfunden worden, um das Volk zu knechten und zu unterwerfe­n.

Einer Opposition, die einen Zickzackku­rs in ihrer Argumentat­ion hingelegt hat, der seinesglei­chen sucht – und dies gleichzeit­ig der Regierung vorwirft. Die führenden „Köpfe“der FPÖ tun sich in dieser Rolle besonders hervor. Und wenn dann noch dazu die von der EU ausgehande­lten Impfdosen nicht rechtzeiti­g geliefert werden – wer ist dann schuld? Natürlich der Gesundheit­sminister. Natürlich kommt jetzt das Argument: Herr Anschober ist ja Politiker und der muss das aushalten. Herr Anschober hat das gemacht, was richtig ist. Er hatte nicht mehr die Kraft, sein Amt hundertpro­zentig auszuüben. Und das kurz vor einer beginnende­n Normalisie­rung. Er ist zurückgetr­eten, um den Weg frei zu machen für neue Kräfte.

Vielen Politikeri­nnen und Politikern würde es gut anstehen, sich daran ein Beispiel zu nehmen – vor allem denen, die sich in Besserwiss­erei und dem Geben guter Ratschläge im Nachhinein täglich üben.

Gerhard Kletzl

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