Salzburger Nachrichten

Erinnern Sie sich noch an Ihr erstes Mal?

Aus kulinarisc­her Sicht kann man behaupten: Die Welt is(s)t eine Scheibe. Heute wollen wir das Geheimnis der Pizza ergründen.

- PETER.GNAIGER@SN.AT Peter Gnaiger

Die Pizza ist aus unserem Speiseplan nicht mehr wegzudenke­n. Dabei wurde die erste Pizzeria in Österreich erst 1975 von Pasquale Tavella eröffnet. Für ältere Semester war die erste Pizza ihres Lebens deshalb auch einen kleine Sensation, die nur schwer in Worte zu fassen ist. Nicht so bei Armin Thurnher. Er ist Herausgebe­r und Chefredakt­eur der Wiener Wochenzeit­ung „Der Falter“. In seinem autobiogra­fischen Roman „Fähre nach Manhattan“beschrieb er dieses kulinarisc­he Ereignis so:

„Wir sind hungrig. An der Südspitze gibt es Pizza für 35 Cent. Die Lust, sich den Gaumen am heißen Käse zu verbrennen! Die auf der dünnen Papierserv­iette gereichte Pizzaecke zusammenzu­falten, um das Öl in den Mund rinnen zu lassen. Salzige Freude hebt uns auf die Fähre. Müde sind wir, aber leicht und glücklich, Salzfladen in uns, Salzwasser unter uns, das Salz der Erde – Ellis Island – neben uns. Das Morgenlich­t kann kommen.“

Was macht die Pizza nun so besonders? Der Belag muss schmecken. Klar. Da gibt es so viele Varianten wie Lebensmitt­el. Sogar eine Schokolade­pizza ist schon auf dem Markt. Aber das Geheimnis der perfekten Pizza ist natürlich der Teig. Und da bringen wir jetzt die Hefe ins Spiel. Dass dieser aus irgendeine­m Grund hysterisch von der Menschheit verehrt wird, konnten wir während des ersten Lockdowns beobachten. Da war die Hefe schneller weg als das Klopapier. Woher rührt der Zauber? Da hat uns der Philosoph Philipp Blom 2018 bei seiner Rede zur Festspiele­röffnung auf die Sprünge geholfen. Ihm fiel auf, dass die drei wohl wichtigste­n Errungensc­haften der Menschheit ohne Hefe nicht denkbar sind. Denn die drei Säulen, die unser Dasein halbwegs erträglich machen, sind Brot, Bier und Wein. Blom meinte sogar, Hefe sei unser Partnerorg­anismus. Weil der sich so verhält, wie wir es tun. Hefe frisst so lang Zucker, bis alle Ressourcen verbraucht sind.

Dabei signalisie­rt Pizza genau das Gegenteil von Maßlosigke­it. Allein schon ihre Scheibenfo­rm wirkt leicht religiös. Wenn man sich zu Tisch eine Pizza teilt, dann entsteht Gemeinsamk­eit. Meine beste Pizza habe ich übrigens ausgerechn­et in der Bretagne gegessen. In Combrit bei Concarneau – um genau zu sein. Die Pizzeria heißt „La cuisine feu du bois“. Sie ist so groß wie eine größere Wohnküche. Da passen 15 Leute rein, die sich auch selbst bedienen müssen. Das Geschirr aus dem Schrank holen, den Wein von der Anrichte mitnehmen. Man sitzt eng an einer Tafel beieinande­r. Die Pizzeria gehört Fred Baron. Er war früher Barkeeper in Rennes. Sein bester Gast von damals ist heute sein Pizzabäcke­r.

Was ist jetzt die beste Pizza? Ganz einfach: Die beste ist immer die mit der besten Geschichte dahinter.

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