Formel 1: Vettel sucht den Weg aus der Krise
IMOLA. Ende 2013 befand sich Sebastian Vettel am Höhepunkt seines Schaffens. Der Deutsche feierte mit Red Bull seinen vierten WM-Titel in Folge und gewann dabei die letzten neun Saisonrennen. Die Konkurrenz hatte gegen den jüngsten Formel-1Weltmeister der Geschichte keine Chance. Das Paket Vettel und Red Bull galt als unschlagbar. Doch mit dem Beginn der Hybrid-Ära endete die Vettel-Dominanz in der Formel 1 abrupt. Die Abwärtsspirale für einen der erfolgreichsten Piloten in der Motorsport-Königsklasse nahm ihren Lauf.
Ende einer Ära. 2014 bekam der erfolgsverwöhnte Vettel nach Mark Webbers Karriereende mit Daniel Ricciardo einen damals jungen und aufstrebenden Teamkollegen. Während der viermalige Weltmeister mit dem leistungsunterlegenen Red-BullBoliden, den er selbst als „Gurke auf der Geraden“bezeichnete, nie zurechtkam, raste Teamkollege Ricciardo zu seinen ersten drei Formel-1-Siegen.
Der Australier beendete seine erste Saison bei Red Bull auf dem dritten Rang in der Fahrerweltmeisterschaft und lief Vettel teamintern den Rang ab. Der Deutsche sah seine Ziele bei Red Bull gefährdet und letztendlich keine gemeinsame Zukunft mehr. Er verließ das Team am Saisonende, um sich einen Kindheitstraum zu erfüllen.
Das Missverständnis. Mit vielen Vorschusslorbeeren wechselte Vettel 2015 zu Ferrari. Beim italienischen Traditionsrennstall sollte der Heppenheimer die verspätete Nachfolge seines Idols Michael Schumacher antreten. Das große Ziel: der Gewinn des WM-Titels.
Die gegenseitigen Erwartungen konnten aber beide Parteien nie erfüllen. In den ersten Jahren bei Ferrari kämpfte Vettel mit stumpfen Waffen gegen die Übermacht von Mercedes, in der jüngeren Vergangenheit versagten beim zweifachen Familienvater immer häufiger in den entscheidenden Situationen die Nerven. 2019 ereilte den Deutschen ein Déjà-vu. Anstelle des genügsamen Kimi Räikkönen bekam er mit Charles Leclerc einen jungen, aufstrebenden Teamkollegen. Der Monegasse zeigte von Beginn an starke Leistungen und etablierte sich bereits in seinem ersten Jahr bei Ferrari als neue Nummer eins im Team. Ein Jahr später beendete Ferrari die unterm Strich erfolglose Zusammenarbeit mit Vettel nach sechs Jahren.
Der letzte Ausweg. Vettel flüchtete zu Aston Martin. Mithilfe des finanzstarken Besitzers Lawrence Stroll soll der viermalige Weltmeister den Rennstall in das Spitzenfeld der Formel 1 führen. Die Saison hätte allerdings nicht schlechter beginnen können. Während Vettels junger und aufstrebender Teamkollege Lance Stroll in die Punkteränge fuhr, sammelte der 33-Jährige fünf Strafpunkte. Nach zwölf Strafpunkten würde Vettel für ein Rennen gesperrt werden. Die „Penalty-Points“verfallen erst ein Jahr nach den Vergehen. Das Damoklesschwert einer Sperre schwebt also noch eine ganze Weile lang über Vettels Cockpit. Weitere Aussetzer sollte er daher tunlichst vermeiden. Aston Martin ist Vettels letzte Chance in der Königsklasse. Das Rennen in Imola am Sonntag ist der nächste Versuch für einen ersten Schritt aus der anhaltenden Krise des einstigen Dominators der Rennserie.