Die Belastbarkeit ist begrenzt
Zwei Begriffe, die in der Politik leider keine besonders gute PR haben. Verständlicherweise liegen im Dauerkrisenmodus der Coronapandemie die Nerven immer häufiger blank. Dennoch wäre es gerade jetzt besonders wichtig, sich mit Respekt und würdevoll zu begegnen, stellt doch diese Zeit möglicherweise auch eine neue Form des Umgangs miteinander dar. Der Politik als Humus eines Wertekanons einer Gesellschaft käme hier eine ganz zentrale Rolle zu.
Rudi Anschober hätte sich bei Amtsantritt seine Regierungszeit sicher – wie so viele – auch anders vorgestellt. Seit März 2020 und mit Ausbruch der Covid-19-Pandemie war „sein“Ministerium Schlüsselressort, unter ständigem Scheinwerferlicht und Dauerbeschuss. Ein Ressort, in dem man unter den aktuellen Voraussetzungen eigentlich nur Buhmann der gesamten Nation sein kann. Viele der gesetzten Maßnahmen mögen unpopulär, ja möglicherweise auch unverhältnismäßig und unverständlich erscheinen. Und dennoch gibt es keinen Vergleich, weil in der Geschichte bisher einzigartig.
Vieles, was jetzt geschieht, wird sich erst im „Post-Corona-Alltag“aufklären und manches auch unbeantwortet bleiben. Tatsache ist, dass Corona viele Menschen an den Rand der Existenz geführt hat und die Langzeitfolgen noch nicht absehbar sind. Dass die Belastbarkeit von Menschen enden wollend ist, zeigt das Beispiel von Rudi Anschober.
Warum sollte das auch vor einem Menschen haltmachen, nur weil er Politiker ist? Mehr als ein Jahr Dauereinsatz ohne Verschnaufpause hinterlässt sichtbare Spuren. Dass der Mensch Rudi Anschober dies noch rechtzeitig erkannt und die Notbremse gezogen hat, verdient größten Respekt. Seine Würde hat er allemal bewahrt, indem er ehrlich zu den Beweggründen seines Rücktritts Stellung bezogen hat. Ihm persönlich bleibt zu wünschen, jetzt erst einmal zu entschleunigen und Kraft für den „PostPolitik-Alltag“zu tanken.
Mag. Bernhard Wappis