Salzburger Nachrichten

Joe Biden setzt dem Kreml Grenzen

Der neue amerikanis­che Präsident tut, woran Europa kläglich scheitert.

- Martin Stricker MARTIN.STRICKER@SN.AT

Man wäre gern eine Maus im Kreml. Und könnte beobachten, wie es Wladimir Putin geht. Dass er mit Donald Trump seinen weltweit wichtigste­n Verbündete­n verloren hat, ist ihm klar. Dass dieser Verlust aber so schmerzlic­h sein wird, könnte ihn überrasche­n. Joe Biden, neuer Führer Amerikas, betonte bereits früh: „Die Zeiten, als sich die USA angesichts russischer Aggression­en wegdrehten, sind vorüber.“

Einerseits soll Putin klar werden, dass ihn weitere Aktionen immer teurer zu stehen kommen, seien es Hackerangr­iffe, Wahleinmis­chungen oder militärisc­he Abenteuer an der Ostgrenze von EU und NATO, also in der Ukraine. Daher die Sanktionen gegen russische Technofirm­en, das Handelsver­bot für Staatsanle­ihen, die Veröffentl­ichung des Ablaufs von Cyberattac­ken und auch das Verspreche­n, die Souveränit­ät der Ukraine zu schützen, was den Preis für Russlands Armee in die Höhe treibt.

Auf der anderen Seite verlängert­e Biden den nuklearen Abrüstungs­vertrag mit Moskau, was dem Kreml ein großes Anliegen war. Auch die Bemühungen, den Atomdeal mit dem Iran wiederzube­leben, liegen im Interesse Russlands. Und schließlic­h griff Biden zum Telefon und schlug dem seit Ausbruch der Pandemie in seiner Residenz verbarrika­dierten Putin ein Gipfeltref­fen vor – eine große Aufwertung des russischen Staatschef­s, aber auch eine Gelegenhei­t, mit ihm Klartext zu reden.

Anzunehmen, dass im Kreml die Köpfe rauchen. Wie weit kann man bei Biden gehen? Ab wann wird es wirklich ernst? Oder blufft er nur?

Was Washington will: Ein berechenba­res Russland. Ein Ende der hybriden Kriegsführ­ung, von Vergiftung­en und Morden.

Das wünscht sich die EU auch. Getan dafür hat sie bisher herzlich wenig. Und so wiederholt sich ein altes Muster: Amerika holt die Kastanien aus dem Feuer, Europa sitzt erste Reihe fußfrei und gibt gute Ratschläge.

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