Österreich vergräbt EU-Milliarden
Wie viel Neues steckt im Aufbauplan, den die Regierung nach Brüssel geschickt hat? Wenig, sagen Experten. Die Antwort der EU steht aus.
WIEN. Österreich wird einen Teil der EU-Aufbaumilliarden für den Weiterbau des Koralmtunnels verwenden. Das geht aus dem rund 600 Seiten umfassenden nationalen „Aufbau- und Resilienzplan“hervor, den die Regierung am Dienstag nach Brüssel geschickt hat. Bisher war nur in großen Linien bekannt, wofür die 4,5 Mrd. Euro verwendet werden sollen, die Österreich aus dem 750 Mrd. Euro schweren EUWiederaufbaufonds zustehen. Am Freitag veröffentlichte das Momentum-Institut das gesamte Dokument (laut Regierung nicht die Letztversion). Der Thinktank der Ex-SP-Studentenpolitikerin Barbara Blaha kritisiert, dass der Großteil des Gelds in Projekte fließt, die im Regierungsprogramm stehen und ohnehin gemacht worden wären.
„Sinn und Zweck des EU-Aufbauplans ist es, wirklich neue Projekte einzuplanen“, um den coronabedingten Wirtschaftseinbruch rasch auszubügeln, erklärt Mattias Muckenhuber, Ökonom am Momentum-Institut. „Das sehe ich gar nicht.“Was ihn besonders stört: Ein Teil der 543 Mill. Euro für die „Errichtung neuer Bahnstrecken und Elektrifizierung von Regionalbahnen“
fließt in den Koralmtunnel – an dem als Teil des Baltikum-AdriaKorridors seit 2009 gebaut wird. Erwähnt werden hier auch die Nebenbahnen in Kärnten und der Steiermark. Salzburg hofft ebenfalls auf Geld für seine Bahnprojekte, konkrete Erwähnung finden sie in dem Dokument nicht. Auch der Breitbandausbau, für den unter dem Titel
„Gigabitfähige Zugangsnetze und Anbindung“981 Mill. Euro vorgesehen sind, sowie 170 Mill. Euro für Computer für Schüler seien nicht Neues, sagt der Experte – wenn auch dringend notwendig.
Die Arbeiterkammer sieht den Schwerpunkt zu sehr bei den Unternehmen. Für den Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Aus- und Weiterbildung
gebe es kein zusätzliches Geld und keine neuen Schwerpunkte, wird kritisiert. Die bestehenden Projekte wie der Bildungsbonus, die sich jetzt im Aufbauplan fänden, seien aber durchaus gut.
Von Regierungsseite wollte sich am Freitag niemand äußern. „Ich bitte um Verständnis, dass wir erst sinnvoll veröffentlichen können, wenn es ein stabiles, finales und von der Europäischen Kommission bestätigtes Dokument gibt“, hieß es aus dem Büro von Europaministerin Karoline Edtstadler, die die Erstellung des Plans koordiniert hat. Es gebe „noch keine Rückmeldung“der Europäischen Kommission. „Da kann sich also noch etwas ändern.“Im Vorfeld war betont worden, dass das Papier weitgehend mit Brüssel abgestimmt worden sei, bevor es fristgerecht vor Ende April am Dienstag eingereicht wurde.
Neben den Millionen für Digitalisierung gibt es eine halbe Milliarde Euro für ökologische Investitionen in Unternehmen sowie weitere 200 Millionen Euro für Forschungsvorhaben. Unter das große Thema Klimaschutz fallen 256 Millionen Euro für emissionsfreie Busse und die dazugehörende Infrastruktur, 160 Millionen Euro für den Austausch von Öl-und Gasheizungen und 110 Mill. Euro für LeergutrücknahmeSysteme und Mehrwegabfüllung.
„Da kann sich noch etwas ändern.“