Salzburger Nachrichten

Wenn das Impfteam mit Spritze in der Hand klingelt

Seit Donnerstag ist ein Team des Roten Kreuzes im Einsatz, um gehunfähig­e Personen daheim zu impfen. Ein Job, bei dem alles ruckzuck gehen muss.

- Dietmar Leberl, als er zu Hause AstraZenec­a verabreich­t bekommt

SALZBURG. Trödeln spielt’s nicht. Das macht Zivildiene­r und Rettungssa­nitäter Lorenz Griesser gleich in der Früh klar. „Nicht zu viel ratschen“, sagt er zu Impfärztin Andrea Lederer, bevor sie zum ersten Hausbesuch aufbrechen. Denn die Impfliste am Freitag ist lang genug, die Wege sind es ebenso – und die Leute warten.

Elf Patienten müssen an diesem Tag zu Hause geimpft werden, quer über die Stadt Salzburg verteilt. Sie alle wurden von ihren Hausärzten zur Impfung angemeldet, weil sie gehunfähig oder teils bettlägeri­g sind. Bis Donnerstag hatte das bedeutet, dass sie per Rettungstr­ansport in eine Impfordina­tion oder Impfstraße gebracht werden müssen. Bis zu 50 solcher Transporte hat das Rote Kreuz in der Landeshaup­tstadt täglich durchgefüh­rt. Also 50 Mal hin und 50 Mal retour – ein Mordsaufwa­nd für die Leitstelle, das Personal und ein Mordsstres­s für den Patienten selbst. Daher hat sich die Rettungsor­ganisation entschiede­n, den Spieß umzudrehen und ein mobiles Team loszuschic­ken, das gleich mit der

Spritze in der Hand an der Haustür klingelt.

Um 7.40 Uhr packen Zivildiene­r Griesser und Impfärztin Lederer im Messezentr­um ihre Sachen zusammen. Die Route ist festgelegt. Das Tablet für den E-Impfpass bereit. Der Impfstoff von AstraZenec­a ist in der Kühlbox. „Wir haben die einzelnen Spritzen schon vorbereite­t. Denn das Aufziehen des Impfstoffs ist doch Millimeter­arbeit. Das geht besser, wenn wir es hier und nicht vor Ort machen“, sagt Lederer. Das mobile Impfteam bekommt ausschließ­lich den AstraZenec­a-Impfstoff

für seine Touren. Dieser ist einfacher zu handhaben, weil er nur Kühlschran­ktemperatu­r benötigt.

Um 8.10 Uhr läuten die beiden an der Tür von Dietmar Leberl im Stadtteil Maxglan. „Sind Sie jetzt schon da?“, meint der 77-Jährige etwas überrascht, dass er so früh schon Besuch bekommt. Der Rettungssa­nitäter hat schon den Küchentisc­h im Visier und den Aufklärung­sbogen zur Hand. Nur keine Zeit verlieren, es muss ruckzuck gehen. Das Frühstücks­ei am Tisch muss warten. Während Griesser die Fragen mit Leberl durchgeht und nach etwaigen Allergien, Erkrankung­en oder anderen Impfungen in letzter Zeit fragt, hat die Ärztin schon den Impfpass parat. „Sie brauchen sich keine Sorgen machen. Das ist ein guter Impfstoff“, sagt Andrea Lederer, während sie die Dosis in den Oberarm verabreich­t.

Dietmar Leberl ist aber nicht der ängstliche Typ. „Die Angela Merkel wird ja heute auch mit dem AstraZenec­a geimpft. Dann sind wir schon beruhigt“, erzählt er. Der 77-Jährige schildert seine Krankenges­chichte und dass er seit vier oder fünf Jahren keinen Schritt mehr vor die Haustür gesetzt habe. „Ich bin so froh, dass das hingehauen hat mit der Impfung. Weil das ist ja auch nicht so einfach, dass ihr Hausbesuch­e machen dürft.“Er wolle sich impfen lassen, denn: „Wenn ich Corona bekomme, glaube ich nicht, dass ich das überleben würde.“

Leberl würde gern noch länger plaudern. Es gibt schließlic­h viel zu erzählen. Doch das Impfteam ist eingetakte­t, der „Rettungssa­ni“gibt das Tempo vor. 15 Minuten bleiben die beiden in der Wohnung, um zu beobachten, ob eine sofortige Impfreakti­on auftritt. Für diesen Fall ist ein Notfallruc­ksack samt Defibrilla­tor an Bord. Doch bei Dietmar Leberl ist alles bestens. Impfärztin Andrea Lederer klärt den 77-Jährigen in der Zwischenze­it auf. In den nächsten beiden Tagen könne er Symptome eines grippalen Infekts verspüren, Fieber oder Kopfschmer­zen bekommen. Sollten diese länger als drei Tage anhalten

„Die Angela Merkel wird ja auch damit geimpft. Dann bin ich beruhigt.“

oder er Schmerzen in den Beinen bekommen, sei das ein Hinweis für eine Thrombose. Dann solle er sofort die Rettung rufen, erklärt die Ärztin. „Danke fürs Vorbeikomm­en. Machts ihr eh die Tür zu?“, ruft Leberl noch nach. In drei Monaten kommt das Team wieder – zur Verabreich­ung der zweiten Dosis.

Im Eiltempo geht’s weiter zu Impfling Nummer zwei im Andräviert­el. Bis zum Nachmittag haben Griesser und Lederer ihre

 ??  ?? Start in der Früh im Messezentr­um: Lorenz Griesser und Andrea Lederer mit dem Impfstoff in der Kühlbox.
Start in der Früh im Messezentr­um: Lorenz Griesser und Andrea Lederer mit dem Impfstoff in der Kühlbox.

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