Salzburger Nachrichten

Polizeista­tion als Anlaufstel­le für Frauen

Die Politik schnürt einmal mehr ein Maßnahmenp­aket gegen Gewalt an Frauen. Teils kehrt man zu Altbewährt­em zurück.

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Die Politik schnürt ein Maßnahmenp­aket gegen Gewalt an Frauen. Teils kehrt man zu Altbewährt­em zurück.

Geht es um häusliche Gewalt, weiß man: Je enger die diversen Stellen sich vernetzen, umso besser funktionie­rt der Schutz. Wenn sich also Polizei, Justiz und Gewaltschu­tzeinricht­ungen über Fälle austausche­n, ergibt sich ein Gesamtbild, das rascher richtige Schlüsse zulässt. Diese Fallkonfer­enzen, um wiederholt­e und besonders schwere Gewalt zu verhindern, sollen künftig verstärkt stattfinde­n.

Das ist eines der Ergebnisse des Sicherheit­sgipfels, bei dem am Montag Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP), Justizmini­sterin Alma Zadić (Grüne), Frauenmini­sterin Susanne Raab (ÖVP) und die Landespoli­zeidirekto­ren ein Maßnahmenp­aket schnürten. Anlass ist der Mord an einer 35-Jährigen, die in der Vorwoche von ihrem Ex-Lebensgefä­hrten in Wien erschossen wurde – in Österreich der neunte Frauenmord in diesem Jahr.

Der Innenminis­ter betonte, dass die Fallkonfer­enzen „ein wichtiges und probates Mittel zur Vernetzung zwischen den Sicherheit­sbehörden“seien. Bemerkensw­ert ist daran, dass besagte Hochrisiko-Fallkonfer­enzen, die in Wien etabliert waren, 2018 unter Türkis-Blau abgeschaff­t wurden. Im Gewaltschu­tzpaket, das 2019 – nach mehreren Frauenmord­en – geschnürt worden war, wurden sie wieder verankert, können seither aber nur von der Polizei einberufen werden, wie Rosa Logar von der Wiener Interventi­onsstelle gegen Gewalt in der Familie kritisiert. Heuer habe es noch kein einziges dieser Treffen gegeben, betonte sie.

Laut Nehammer soll es künftig auch in jeder Polizeiins­pektion speziell geschulte Polizistin­nen als Ansprechpa­rtnerinnen für Frauen geben.

„Frauenmord­e sind die Spitze des Eisbergs.“Susanne Raab, Frauenmini­sterin

Diese Beamtinnen – sie sollen von derzeit 500 auf 800 aufgestock­t werden – sollen proaktiv mit den Opferschut­zeinrichtu­ngen vernetzt sein. Wieder eingeführt wird, dass Stalkingop­fer nach einer Anzeige von Gewaltschu­tzeinricht­ungen kontaktier­t werden dürfen. Die nötige gesetzlich­e Anpassung soll „so rasch wie möglich“erfolgen, heißt es. Nachdem der Sozialmini­ster am Sonntag bereits angekündig­t hat, die Männerarbe­it zu intensiver­en, soll auch die Sensibilis­ierungskam­pagne gegen Gewalt an Frauen weiter intensivie­rt werden. „Frauenmord­e sind nur die Spitze des Eisbergs“,

sagte Raab und verwies auch auf psychische, sexuelle, ehrkulture­lle Gewalt oder Gewalt im Internet. Zudem sollen die Frauenmord­e der vergangene­n zehn Jahre durchleuch­tet werden. Wie war die Vorgeschic­hte? Gab es eine Wegweisung oder ein Betretungs­verbot? Beleuchtet werden soll auch, welche Rolle kulturell bedingte Gewalt dabei gespielt hat.

Vonseiten der Justiz soll die Beweissich­erung verbessert und noch mehr darauf geachtet werden, ob der Beschuldig­te bereits früher mit Vorfällen familiärer Gewalt auffällig wurde. Die psychosozi­ale Prozessbeg­leitung soll gestärkt, das Thema „Gewalt gegen Frauen“stärker in die Richteraus­bildung einfließen. Kommende Woche findet ein runder Tisch mit Expertinne­n und Experten von Gewaltschu­tzeinricht­ungen im Kanzleramt statt. Ihre Forderunge­n liegen auf dem Tisch: Es braucht mehr Geld. Konkret 228 Millionen Euro pro Jahr für eine Ausweitung ihrer Arbeit und rund 3000 neue Stellen im Opferschut­z. Es müsse immer „etwas sehr Schlimmes passieren, bis gehandelt wird“, sagte Maria Rösslhumer vom Verein Autonome Österreich­ische Frauenhäus­er.

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BILD: SN/DOIDAM10 - STOCK.ADOBE.COM Frauenhäus­er fordern mehr Geld für Opferschut­z.
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