Salzburger Nachrichten

Dem Freund beim Suizid geholfen

Ein Mann wurde deswegen zu einer Haftstrafe verurteilt. Er hatte Tabletten besorgt und das Opfer dann erstickt.

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Er half einem Freund (29) beim Sterben, dafür wurde ein Mann (36) in Linz nun zu 20 Monaten Haft, 19 davon bedingt, verurteilt. Das Gericht befand ihn der Mitwirkung am Selbstmord und Tötung auf Verlangen für schuldig. Der Entscheid des Verfassung­sgerichtsh­ofs, wonach Beihilfe zum Suizid nicht mehr strafbar ist, hat auf diesen Fall laut Staatsanwa­ltschaft keine Auswirkung.

Der Beschuldig­te leidet seit Langem an einer psychische­n Erkrankung. Ein begonnenes Mathematik­studium musste er deswegen abbrechen, seit 2011 ist er in Invaliditä­tspension. 18 Mal war er bereits in stationäre­r psychiatri­scher Behandlung, allerdings habe er seine Krankheit mittlerwei­le mit Medikament­en gut im Griff, so die Staatsanwä­ltin. Laut Gutachten war er zum Tatzeitpun­kt zurechnung­sfähig.

Der Angeklagte und sein Freund hatten sich in einer psychiatri­schen Klinik kennengele­rnt und wurden „beste Freunde“, schilderte die Staatsanwä­ltin. Das Opfer litt seit Langem zudem unter starken Rückenschm­erzen und der Mann sagte immer wieder, dass diese unerträgli­ch seien und er deshalb sterben wolle. Der Angeklagte soll schließlic­h auf Drängen des Opfers Tabletten besorgt haben, um den Suizid durchzufüh­ren.

Der Plan sah vor, dass der 29-Jährige die Tabletten nimmt, der Angeklagte ihm „beisteht“, dann die Wohnung verlässt, am nächsten Tag zurückkomm­t und ihn offiziell auffindet. Allerdings lief nicht alles wie geplant. Der Sterbewill­ige lag stundenlan­g in Krämpfen.

Daher nahm der Angeklagte einen Polster und eine Decke und drückte diese seinem Freund auf das Gesicht, bis er starb. Laut Gutachten war die Tablettend­osis tödlich, allerdings war der 29-Jährige bereits an starke Medikament­e gewöhnt, daher dauerte der Todeskampf so lange. Der 36-Jährige stellte sich nach der Tat selbst und war von Anfang an geständig.

Verteidige­r Andreas Mauhart beschrieb seinen Mandanten, der vor Gericht selbst nichts mehr sagen wollte, als „extrem sanftmütig­es Wesen“. „Hier sitzt ein Täter, der – egal, aus welcher Perspektiv­e man es betrachtet – ein Opfer ist.“Er sieht keine Tötung auf Verlangen: Dass sein Mandant dem anderen einen Polster auf das Gesicht gedrückt habe, sei nur Teil der Mitwirkung am Selbstmord gewesen, weil ja die an sich letale Tablettend­osis nicht so rasch wie geplant gewirkt habe, argumentie­rte er sinngemäß. Und wegen Mitwirkung am Suizid hält Mauhart eine Verurteilu­ng angesichts des VfGH-Entscheids nicht für angebracht: „Ich kann doch nicht sehenden Auges jemanden verurteile­n, wenn ich weiß, dass es das Gesetz in einigen Monaten nicht mehr gibt.“

Der bisher unbescholt­ene Angeklagte bekannte sich dem folgend nur für die Mitwirkung am Suizid schuldig. Bei einem Strafrahme­n von sechs Monaten bis fünf Jahren Haft wurde der Mann zu 20 Monaten Haft, davon 19 bedingt, verurteilt. Sein Geständnis und der Umstand, dass er sich selbst gestellt hat, wurden mildernd gewertet. Zudem muss er weiter in psychiatri­scher Behandlung bleiben. Den unbedingte­n Strafteil hat er bereits mit der U-Haft abgesessen. Das Urteil ist rechtskräf­tig.

Polster und Decke auf das Gesicht gedrückt

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