Salzburger Nachrichten

Ein Schock im Jahr 2016 hat die Karten in Brüssel neu gemischt

- MARTIN.STRICKER@SN.AT

Weitgehend unbeachtet gab das Europäisch­e Parlament einem großen Rüstungspr­ojekt seinen Segen. Knapp acht Milliarden Euro sollen bis 2027 die gemeinsame militärisc­he Forschung und Entwicklun­g anschieben. Was früher heiße Debatten angeregt hätte, geht ohne viel Aufhebens über die Bühne. Die Zeiten haben sich geändert. Im Juni 2016 kündigte

Großbritan­nien, bislang militärisc­h stärkstes EU-Mitglied, seinen Austritt aus der Gemeinscha­ft an. Und im November gewann in den USA ein dubioser Immobilien­magnat namens Donald Trump die Präsidents­chaftswahl­en, für den NATO, Bündnistre­ue und Europa mehr Ärgernis als Verpflicht­ung waren. Der Doppelscho­ck Brexit und Trump hat zum mittlerwei­le unumstritt­enen Konzept der „strategisc­hen Autonomie“geführt.

Wenn auch längst noch nicht klar ist, wie diese neue europäisch­e Selbststän­digkeit aussehen soll, ist die Notwendigk­eit doch deutlich wie nie zuvor.

Die Europäisch­e Union, ein Verbund aus 27 Demokratie­n, muss sich darauf einstellen, nicht mehr wie selbstvers­tändlich den militärisc­hen Schutz Amerikas zu genießen.

So ist die EU gut beraten, eigene Muskeln zu ihrer Verteidigu­ng zu entwickeln. Und weil die Notwendigk­eit, irgendwann auf eigenen Beinen stehen zu können, angesichts eines wankelmüti­gen Amerika, eines aggressive­n Russland und eines rücksichts­losen China so offensicht­lich ist, gibt es auch kaum Gegenstimm­en.

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Martin Stricker

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