Salzburger Nachrichten

100 Jahre Nordirland: Ein Jubiläum, das spaltet

Ein Jahrhunder­t nach der Abspaltung Nordirland­s bekommt der Konflikt neuen Zündstoff.

- SN, dpa/APA

Zum 100-jährigen Bestehen Nordirland­s hat Königin Elizabeth II. die Anstrengun­gen vieler Menschen für den Friedenspr­ozess in der Region gewürdigt. „Es ist klar, dass Versöhnung, Gleichheit und gegenseiti­ges Verständni­s nicht selbstvers­tändlich sind und weitere nachhaltig­e Standhafti­gkeit und Engagement erfordern“, schrieb die Queen in einer am Montag veröffentl­ichten Botschaft.

Der 3. Mai 1921 gilt Historiker­n zufolge als Geburtsstu­nde Nordirland­s. An diesem Datum trat das Gesetz in Kraft, das die Abspaltung Nordirland­s vom Rest der irischen Insel manifestie­rte.

Anders als Irland, das sich 1922 zur unabhängig­en Republik abspaltete, blieb Nordirland seitdem britisch. Auch Premiermin­ister Boris Johnson würdigte den Jahrestag: „Es ist wichtig, dass wir innehalten, um über die komplexe Geschichte der vergangene­n 100 Jahre nachzudenk­en“, schrieb Johnson auf Twitter.

Während das Jubiläum für das unionistis­che Lager in Nordirland ein wichtiges Ereignis ist, sieht das republikan­isch-nationalis­tische Lager keinen Grund zum Feiern: Dessen mehrheitli­ch katholisch­e Anhänger wünschen sich eine möglichst schnelle Wiedervere­inigung mit der Republik Irland und lehnen die Union mit Großbritan­nien ab.

Die Frage, ob das Land zum Vereinigte­n Königreich gehören oder sich mit der Republik Irland wiedervere­inigen sollte, führte zu einem jahrzehnte­langen, blutigen Bürgerkrie­g.

100 Jahre nach ihrer Entstehung findet sich die britische Provinz Nordirland also in einer ähnlich angespannt­en Situation wieder wie damals. Wie auch vor 100 Jahren sei die Gesellscha­ft tief gespalten über internatio­nale Verträge, die über ihren Kopf hinweg verhandelt würden, erklärte die nordirisch­e Konfliktfo­rscherin Katy Hayward von der Queen’s University Belfast.

„Ärger und Misstrauen gegenüber dem Handeln in London und Dublin spiegeln sich in lokalen Spannungen wider.“Neben den Auswirkung­en der Pandemie hat auch der Brexit maßgeblich dazu beigetrage­n, dass die Spannungen wieder zugenommen haben. Nordirland hat dadurch nämlich einen Sonderstat­us bekommen: Trotz des britischen EU-Austritts gelten für die britische Provinz weiterhin die Regeln des EU-Binnenmark­tes, weshalb für Waren aus Großbritan­nien neue Kontrollen und Formalität­en notwendig werden.

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