Salzburger Nachrichten

Wohnungen: Stadt trotzt der GSWB mehr Vergaberec­hte ab

Künftig darf die Stadt 70 Prozent aller freien GSWB-Wohnungen vergeben. SPÖ und Grüne wollen 100 Prozent. Die Gemeinnütz­igen winken ab.

- SALZBURG-STADT.

Rund 88.000 Wohneinhei­ten gibt es in der Landeshaup­tstadt. Und laut einer Studie ziehen 20.000 Personen pro Jahr in die Stadt zu bzw. wechseln innerhalb der Stadt die Wohnung. Dazu kommt, dass beim Wohn:Service der Stadt zuletzt 2272 Anträge – samt Familienan­hang waren das 5099 Personen – auf eine geförderte Wohnung vorlagen. Aber: Das Wohnungsam­t der Stadt, das mittlerwei­le Wohn:Service heißt, hatte bisher nur für rund 8000 geförderte Mietwohnun­gen das Vergaberec­ht. Tatsächlic­h frei davon werden laut Wohnungsam­t-Leiterin Dagmar Steiner pro Jahr nur 450 bis 600; im Vorjahr waren es 519. Das sind also die preisgünst­igsten Wohnungen – die vor allem jene brauchen, die sich auf dem freien Mietmarkt nichts mehr leisten können. Und das betrifft mittlerwei­le ein Viertel der Stadtbürge­r/-innen.

Insofern ist es verständli­ch, dass die Stadtpolit­ik seit Jahren darauf gedrängt hat, dass sie von möglichst vielen gemeinnütz­igen Wohnbauträ­gern Einweisung­srechte in deren (naturgemäß sehr günstige) geförderte Mietwohnun­gen bekommt. Denn in Summe gibt es davon rund 19.500 in der Stadt– was rund einem Fünftel aller Wohneinhei­ten entspricht.

Laut dem nun fertigen Amtsberich­t von Sozialstad­trätin Anja Hagenauer (SPÖ), der bald im Gemeindera­t beschlosse­n wird, darf die Stadt künftig nicht nur 50, sondern 70 Prozent der frei werdenden geförderte­n Mietund Mietkaufwo­hnungen der GSWB vergeben. Das sind, zusätzlich zu den 5309 GSWB-Wohnungen, in die die Stadt schon jetzt ein Einweisung­srecht hat, weitere 1797 Wohneinhei­ten. Hagenauer: „Damit werden wir wieder zu einem stärkeren Player am Wohnungsma­rkt.“Gleichzeit­ig relativier­t sie aber, dass nur acht bis zehn Prozent dieser Wohnungen, die ja derzeit alle vermietet seien, wohl pro Jahr frei würden: „Wir rechnen damit, dass wir so pro Jahr effektiv rund 150 Wohnungen

mehr vergeben können.“

In Summe hat die GSWB knapp 9600 Wohnungen dieser Kategorie, und damit rund die Hälfte des geförderte­n Mietwohnun­gsbestands in der Landeshaup­tstadt. Hagenauer hat schon monatelang kritisiert, dass es trotz massiver Rechnungsh­ofkritik für diese „keine transparen­ten, fairen und nachvollzi­ehbaren Vergabekri­terien“gebe – und das, obwohl diese bereits im September 2020

„Werden wieder zu stärkerem Player am Markt.“Anja Hagenauer , SPÖ-Stadträtin

im Aufsichtsr­at Thema gewesen seien. Prompt wurden dann am Montag von der GSWB deren neue Vergaberic­htlinien an die Stadt gemailt. Hagenauer: „Das kann kein Zufall sein.“Dennoch zeigte sie sich mit deren Inhalt („sie ähneln den Richtlinie­n der Stadt“) zufrieden – bis auf einen Punkt: „Wenn man beim Wohn:Service vorgemerkt ist, darf man sich nicht bei der GSWB melden.“Das sei nicht akzeptabel; daher werde sie diesen Punkt auch rechtlich prüfen lassen. Als Reaktion auf die Richtlinie­n spitzte Hagenauer ihre Forderung zu und verlangte – praktisch wortgleich mit Sozialauss­chussVorsi­tzender Anna Schiester (Bürgerlist­e) –, dass die Stadt künftig bis zu 100 Prozent der GSWB-Wohnungen selbst vergeben solle. Zudem wollen beide

Politikeri­nnen auch von den anderen Gemeinnütz­igen einen höheren Anteil an Vergaberec­hten.

Peter Rassaerts, der Direktor der GSWB, die zu je 50 Prozent Stadt und Land gehört, sagte, Fragen zum Amtsberich­t „können erst beantworte­t werden, wenn der GSWB dieser vorliegt“. Das sei noch nicht der Fall. Hagenauers 100-Prozent-Ziel kommentier­te er so: „Über die Vergaberec­hte entscheide­n die Gesellscha­fter der GSWB.“

ÖVP-Klubobmann Christoph Fuchs zeigte sich über das nun fixierte 70-Prozent-Ziel bei den GSWB-Wohnungen erfreut: „Früher hatte die SPÖ damit ein Problem. Mich überrascht, dass sie da jetzt Gas geben.“Dass, analog zu vielen Landgemein­den, noch mehr geförderte Mietwohnun­gen in der Stadt vom Wohn:Service

vergeben werden, hält er aber für „nicht gescheit. Das zahlt sich, wenn, nur bei ausfinanzi­erten Wohnungen aus.“

Heimat-Österreich-Chef Stephan Gröger, Sprecher der sechs Gemeinnütz­igen, sagt, dass die Stadt bis vor 15 Jahren ein vollständi­ges Einweisung­srecht gehabt habe: „Da kamen in einen Neubau auch nur die dringendst­en Fälle rein. Aber es gab keine soziale Durchmisch­ung.“Daher sei die Stadt davon abgegangen. Eine eigene Klientel, wie den Gemeinnütz­igen oft vorgeworfe­n werde, bediene er mit seiner Genossensc­haft sicher keine, sagt Gröger. „Dass da auf die Vergabe von außen Einfluss genommen wird, gibt es bei uns nicht. Da ist die GSWB, deren Aufsichtsr­at politisch besetzt ist, sicher viel mehr gefährdet als wir.“

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WWW.SN.AT/WIZANY Vergeben und Vergessen . . .

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