Salzburger Nachrichten

Dringend gesucht: HC Straches Chats

Der Ibiza-Ausschuss hat noch keinen Zugriff auf die Handyproto­kolle des ehemaligen Vizekanzle­rs.

- a.k.

Ex-Außenminis­terin Karin Kneissl, ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian, Kanzleramt­skabinettc­hefs Bernhard Bonelli, ÖBAG-Aufsichtsr­atschef Helmut Kern: Der Ibiza-Untersuchu­ngsausschu­ss hat für Dienstag wieder eine Reihe illustrer Zeugen geladen, von denen sich die Opposition Aufschluss über die angebliche „Käuflichke­it der türkis-blauen Bundesregi­erung“(so lautet der Untersuchu­ngsauftrag des Ausschusse­s) erhofft.

Am eigentlich­en Untersuchu­ngsgegenst­and, der Aufklärung der Umtriebe des in die Ibiza-Falle getappten ehemaligen Vizekanzle­rs Heinz-Christian Strache, droht der Ausschuss indes zu scheitern. Wie am Montag bekannt wurde, sind rund 19.000 Chatnachri­chten von Heinz-Christian Straches Handy immer noch nicht an den Ausschuss übermittel­t worden. Grund: Die Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft hält sich bei der Sichtung und Weiterleit­ung der Chats strikt an die vorgegeben­e Reihenfolg­e. Und diese Reihenfolg­e sieht vor, dass die Chats von ÖBAG-Chef Thomas Schmid vor den Chats Straches ausgewerte­t werden.

Schmids Chats liegen dem Ausschuss bereits zu einem Großteil vor und fanden am Wochenende neuerlich den Weg in die Medien. Sie tragen aber nicht wirklich zur Aufhellung mutmaßlich­er Korruption­svorwürfe

bei. Unter anderem erfährt man, dass Thomas Schmid, 2018 Generalsek­retär im Finanzmini­sterium, seinen Chef, Finanzmini­ster Hartwig Löger, für eine „Diva“hielt; und dass Mitarbeite­r Schmids bei einer Feier Flaschen in den Donaukanal warfen; auch abfällige Äußerungen über Mitarbeite­rinnen („diese Weiber machen aus unserem Kabinett eine Telenovela“) sind aktenkundi­g.

ÖVP-Fraktionsf­ührer Andreas Hanger zeigte sich am Montag empört, dass zwar diese Chats, nicht aber die „weit relevanter­en“Chats Straches dem Ausschuss vorliegen. Eine Sprecherin des Justizmini­steriums erklärte den Verzug der Aktenliefe­rung auf SN-Anfrage mit dem Argument, dass jeweils geprüft werden müsse, ob die Vorlage „einzelner Beweismitt­el“an den Ausschuss den Erfolg von staatsanwa­ltschaftli­chen Ermittlung­en gefährden könnte.

Da der U-Ausschuss programmge­mäß vor dem Sommer seine Arbeit beenden wird, besteht nun die Möglichkei­t, dass die untersuche­nden Mandatare die Strache-Chats nie zu Gesicht bekommen werden. Es sei denn, der Ausschuss wird verlängert, was die ÖVP bisher aber immer ablehnte.

Der Minister, eine „Diva“?

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