Junge Mediennutzer suchen die Interaktion
Traditionelle Medienmarken gehen gestärkt aus der Pandemie. Unter 30-Jährige zeigen aber eine gewisse Coronamüdigkeit.
Etablierte Medien gewannen in der Pandemie an Vertrauen. Das zeigt die neue Befragungswelle aus der repräsentativen „Langzeitstudie Medienvertrauen“der Mainzer Johannes-GutenbergUniversität. Am Ende des Pandemiejahres 2020 schenkten 56 Prozent der erwachsenen Bevölkerung den etablierten journalistischen Medien Vertrauen. In den vier Jahren zuvor waren es 41 bis 44 Prozent und 2015 sogar nur 28 Prozent. Während das Vertrauen auf Rekordniveau anstieg, erreichte der Anteil der Misstrauischen in der jüngsten Befragungswelle mit 16 Prozent einen Tiefstand. „Das Virus brachte den Journalisten mehr Arbeit und Reichweite“, heißt es in der deutschen Langzeitstudie.
Auch hierzulande war monatelang ein vergleichbarer Trend zu beobachten: Je durchdringender und beherrschender die Pandemie wurde, desto stärker haben sich die Menschen in Österreich den klassischen Medien – TV, Radio und Tageszeitungen – zugewandt. Jetzt nutzen jedoch vor allem junge Menschen wieder stärker SocialMedia-Kanäle, wie die jüngste Analyse des Gallup-Instituts in Kooperation mit dem Medienhaus Wien zum Thema „Medien und Corona“ergab.
Aus der Gruppe der 16- bis 30Jährigen seien im Vorjahr viele zum
ORF und zu Qualitätsprintmarken gewechselt. Manche brächen nun aber wieder weg, „weil sie Corona und Pandemie nicht mehr hören können oder wollen“, sagt Andrea
Fronaschütz, Leiterin des GallupInstituts. Und sie ergänzt: „Die Gruppe jener, die Coronanachrichten aktiv meiden, nimmt generell tendenziell zu.“Von dieser Entwicklung profitieren vor allem die sozialen Medien.
Vor einem Jahr lagen Social-Media-Plattformen bei den Jungen in der Nutzung mit 42 Prozent weit hinter TV-Nachrichten (78 Prozent), Zeitungen (57 Prozent) und Radio (46 Prozent). Mittlerweile liefern sie sich mit dem Fernsehen wieder ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Die Frage sei nun, ob und wie die jüngere Zielgruppe von den Medien an sich gebunden werden könne, erklärte Andy Kaltenbrunner vom Medienhaus Wien. Ein zentraler Punkt für diese Generation sei die Interaktion: „Die Diskursbereitschaft ist groß.“
40 Prozent der 16- bis 30-Jährigen geben an, an Foren-Debatten teilgenommen, Artikel kommentiert oder Nachrichten mit anderen geteilt zu haben. Daher liege in Online-Angeboten
mit Partizipationsmöglichkeit eine große Chance, diese Zielgruppe abzuholen, betont Kaltenbrunner. Vorteile dabei hätten sicher Medien, die über eine „junge, diverse Redaktion“verfügen: „Gemeint ist mehr als zehn Prozent unter 30-Jährige in den Redaktionen.“
Fronaschütz und Kaltenbrunner haben ferner aus der Umfrage ein für Medien erfreuliches Detail gefiltert: „Es gibt einen klaren Trend zur Bereitschaft, für Nachrichten zu zahlen.“27 Prozent der Befragten stünden einem Digital-Abo positiv gegenüber. Dieser Wert habe sich seit 2020 mehr als verdoppelt. 18 Prozent haben kein Problem damit, für einzelne Artikel zu zahlen.
„Vorteile haben sicher Medien mit einer jungen, diversen Redaktion.“
A. Kaltenbrunner, Medienhaus Wien