Zwei neue Landesräte und ein böser Verdacht
In Tirol wurde die Landesregierung über Nacht umgebildet. Welche Rolle spielt dabei ein Labor für PCR-Tests?
Der Eindruck, der sich aufdrängt, ist ungut. Da kommt ein vom Land Tirol mit PCR-Tests beauftragtes Labor ins Gerede – und plötzlich treten der Gesundheitslandesrat und die Wirtschaftslandesrätin zurück. Aber hat das eine überhaupt etwas mit dem anderen zu tun? Gegen einen Zusammenhang spricht, dass Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) die Namen der Nachfolger bereits nannte, kaum hatten Bernhard Tilg und Patrizia Zoller-Frischauf Dienstagabend ihre Abgänge kundgetan. Eher überraschend sei noch der Rückzug Zoller-Frischaufs gekommen, sagt ein Insider. Dass Tilg die Gelegenheit zum Rückzug nutzen würde, wenn ein anderer oder eine andere aus der Landesregierung ausscheide, sei „seit Längerem klar gewesen“.
Wirklich überraschend kam auch Zoller-Frischaufs Abgang nicht. Zuletzt hatte sich der Tiroler Wirtschaftsbund in Stellung gebracht und auf einen Wechsel gedrängt. Sie selbst sagte, schon zu Beginn der Legislaturperiode sei vereinbart gewesen, dass sie „zur Halbzeit“ihr Regierungsamt aufgeben und nur noch Landtagsabgeordnete sein werde. Corona habe diesen Plan um fast ein Jahr verzögert, jetzt sei es so weit. Dem Vernehmen nach kamen auch familiäre Gründe dazu, das Amt niederzulegen.
Tilg (53) und Zoller-Frischauf (62) waren seit dem Antritt Platters als Landeshauptmann im Jahr 2008 in dessen Team. Platter (66) selbst hat noch nicht genug. Am Mittwoch kündigte er an, 2023 erneut zu kandidieren. Er tat das bei der Vorstellung der neuen Gesundheitslandesrätin Annette Leja und des neuen Wirtschaftslandesrats Anton Mattle. Ihre Wahl im Landtag wird kommenden Dienstag stattfinden. Platter stellte in Abrede, dass der Wirbel um die PCR-Tests, die von der HG Lab Truck des Wiener Urologen Ralf Herwig durchgeführt wurden, eine Rolle bei der Rochade gespielt habe.
Das Unternehmen hatte vom Land Tirol im September 2020 den Auftrag für PCR-Tests bekommen, ohne Ausschreibung (was übrigens auch in anderen Bundesländern bei der Suche nach PCR-Labors so gehandhabt wurde, Anm.). Das Land Tirol fragte bei mehreren Firmen an; zwei hätten sich interessiert gezeigt, der Auftrag sei an die HG Lab Truck gegangen, weil sie die Leistung günstiger angeboten habe, heißt es. Das Unternehmen führte etwa die Hälfte aller 430.000 PCRTests, die in Tirol anfielen, durch. Nun wird debattiert, ob die Qualität den Anforderungen entsprochen hat. Klar ist bisher nur, dass sich 313 von insgesamt 2120 PCR-Verdachtsfällen auf B1.1.7.-E484K (die Fluchtvariante des britischen Virus) laut AGES bestätigt haben, 189 hingegen nicht. Bei 1618 PCR-Verdachtsfällen liegt jedoch noch kein Sequenzierungsergebnis vor.
Die FPÖ und die Liste Fritz orten jedenfalls „Freunderlwirtschaft“und zweifeln die Qualität der Testergebnisse an. Nun wird weiter geprüft. Wobei das Land Tirol betont, dass die Arbeit des Labors auch bisher kontrolliert worden sei. Elmar Rizzoli, Leiter des Tiroler CoV-Einsatzstabs, verteidigt sie sogar. Es gebe Bestätigungen von Referenzinstituten, „dass dieses Labor hier hervorragende Leistungen erbracht hat“. Experten verweisen darauf, dass Testergebnisse immer wieder im Nachhinein korrigiert werden. Wobei es in diesem Fall nicht darum geht, ob jemand infiziert war, sondern darum, mit welcher Variante.
Der Chef der HG Lab Truck, Ralf Herwig, kündigte an, sich vorübergehend aus dem operativen Geschäft zurückzuziehen. Das Land Tirol hat die Zusammenarbeit mit Herwig am Mittwoch beendet. Gegen den Mediziner läuft in einer anderen Causa ein Strafverfahren. Er muss sich am Freitag wegen des Verdachts der schweren Körperverletzung und Betrugs am Landesgericht Wien verantworten.
Die HG Lab Truck ist ein Labor, das erst im Rahmen der Pandemie vom Gesundheitsministerium gelistet wurde. Um ausreichende Testkapazitäten zur Verfügung zu stellen, erlaubte das Gesundheitsministerium, dass nicht nur medizinische, sondern auch naturwissenschaftliche Einrichtungen Tests durchführen können. Die Voraussetzungen sind im Paragraf 28 c des Epidemiegesetzes angeführt.