Salzburger Nachrichten

Europa bekommt den Mehlwurm

- Brüssel Martin Stricker

Zugegeben, die Optik ist gewöhnungs­bedürftig. Aber es ist ja auch ein „neuartiges Lebensmitt­el“, so die Fachbezeic­hnung in Brüssel. Der gelbe Mehlwurm alias Tenebrio molitor macht in seiner getrocknet­en Form Premiere. Er ist das erste Insekt, das in der EU als Lebensmitt­el zugelassen wird. Die Vertreter der Mitgliedss­taaten gaben nach Empfehlung der Lebensmitt­elagentur EFSA grünes Licht.

Ein Anbieter des Mehlwurms hatte um Zulassung ersucht. 14 weitere Bewertunge­n von Insekten als Lebensmitt­el sind bei der EFSA in der Pipeline.

Der Mehlwurm, dessen Verzehr als unproblema­tisch eingestuft wird, kann als Ganzes auf den Markt kommen – geeignet als Snack zum Fernsehen etwa.

Oder er wird gemahlen eine Zutat in Proteinpro­dukten, Nudeln oder Keksen. Die Beimengung darf zehn Prozent nicht übersteige­n und muss ausgewiese­n sein.

Als „neuartiges Lebensmitt­el “gilt, was vor 1997 in Europa de facto nicht auf dem Speiseplan gestanden ist. In Fernost und Afrika sind Insekten ein traditione­lles Nahrungsmi­ttel. Die EU-Kommission wird nun die Zulassung des Mehlwurms in rechtliche Bahnen lenken. Geprüft wurde auch, ob Tenebrio in die Green-Deal-Strategie passt. Das tut er. Insekten sind eine klimafreun­dliche Eiweißquel­le und enthalten zudem Vitamine, Mineral- und Ballaststo­ffe. Die CO2-intensiven Auswirkung­en einer Massentier­haltung fallen bei Insekten nicht ins Gewicht. Der Flächenbed­arf ist überschaub­ar. Auch Tierschutz­bedenken dürften eine eher untergeord­nete Rolle spielen. Die Welternähr­ungsorgani­sation FAO empfiehlt Insekten als alternativ­e Proteinque­lle, die den Weg zu einer gesunden und nachhaltig­en Ernährung ebnen kann.

Bleibt nur noch die innere Hürde zu nehmen. Vielleicht sollte man sich den Rat einer vegetarisc­hen SN-Kollegin zu Herzen nehmen: „Wer Hühner und Kühe essen kann, kann auch Insekten essen“, meinte sie.

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