Europa bekommt den Mehlwurm
Zugegeben, die Optik ist gewöhnungsbedürftig. Aber es ist ja auch ein „neuartiges Lebensmittel“, so die Fachbezeichnung in Brüssel. Der gelbe Mehlwurm alias Tenebrio molitor macht in seiner getrockneten Form Premiere. Er ist das erste Insekt, das in der EU als Lebensmittel zugelassen wird. Die Vertreter der Mitgliedsstaaten gaben nach Empfehlung der Lebensmittelagentur EFSA grünes Licht.
Ein Anbieter des Mehlwurms hatte um Zulassung ersucht. 14 weitere Bewertungen von Insekten als Lebensmittel sind bei der EFSA in der Pipeline.
Der Mehlwurm, dessen Verzehr als unproblematisch eingestuft wird, kann als Ganzes auf den Markt kommen – geeignet als Snack zum Fernsehen etwa.
Oder er wird gemahlen eine Zutat in Proteinprodukten, Nudeln oder Keksen. Die Beimengung darf zehn Prozent nicht übersteigen und muss ausgewiesen sein.
Als „neuartiges Lebensmittel “gilt, was vor 1997 in Europa de facto nicht auf dem Speiseplan gestanden ist. In Fernost und Afrika sind Insekten ein traditionelles Nahrungsmittel. Die EU-Kommission wird nun die Zulassung des Mehlwurms in rechtliche Bahnen lenken. Geprüft wurde auch, ob Tenebrio in die Green-Deal-Strategie passt. Das tut er. Insekten sind eine klimafreundliche Eiweißquelle und enthalten zudem Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe. Die CO2-intensiven Auswirkungen einer Massentierhaltung fallen bei Insekten nicht ins Gewicht. Der Flächenbedarf ist überschaubar. Auch Tierschutzbedenken dürften eine eher untergeordnete Rolle spielen. Die Welternährungsorganisation FAO empfiehlt Insekten als alternative Proteinquelle, die den Weg zu einer gesunden und nachhaltigen Ernährung ebnen kann.
Bleibt nur noch die innere Hürde zu nehmen. Vielleicht sollte man sich den Rat einer vegetarischen SN-Kollegin zu Herzen nehmen: „Wer Hühner und Kühe essen kann, kann auch Insekten essen“, meinte sie.