Salzburger Nachrichten

Mehr Vorrang für Radler Wien will Super-Grätzl

Die Corona-Lockdowns kurbelten das Radfahren weiter an. In mehreren Städten Österreich­s gibt es Fahrradstr­aßen, wo die Zweiräder Vorrang haben. Wien will jetzt sogar „Super-Grätzl“.

- GERALD STOIBER

WIEN, SALZBURG, LINZ. So weit wie Deutschlan­d ist Österreich noch nicht. Bei den Nachbarn wurde sogar die Straßenver­kehrsordnu­ng geändert, um ein Pilotproje­kt für Radfahrer in Bremen zu ermögliche­n. In dem Stadtstaat vor der Mündung der Weser in die Nordsee ist ein Teil der historisch­en Altstadt als Fahrradzon­e ausgewiese­n – hier haben die Drahtesel grundsätzl­ich Vorrang. Autos dürfen in den zwölf insgesamt 2,5 Kilometer langen Straßen in der Alten Bremer Neustadt nicht durchfahre­n und auch nicht dauernd parken, sondern nur (maximal mit Tempo 30) zufahren. Radfahrer dürfen nebeneinan­der radeln und geben in der Zone den Ton im Straßenver­kehr an. In den Jahren davor war das Fahrradmod­ellquartie­r bereits umgebaut worden: Kopfsteinp­flasterstr­aßen erhielten einen glatten Fahrbahnst­reifen oder zum Beispiel wurden bei Gehwegen die Randsteink­anten abgeschräg­t. Das innovative Modell wurde im Vorjahr mit dem Mobilitäts­preis des Verkehrscl­ubs Österreich (VCÖ) in der Kategorie „Internatio­nale Projekte“ausgezeich­net.

In Österreich ist eine Fahrradstr­aße seit 2013 nach der Straßenver­kehrsordnu­ng (StVO) rechtlich möglich und das höchste der Gefühle für den umweltfreu­ndlichen Stadtverke­hr auf Zweirädern. Davon gibt es schon einige, und es werden auch mehr. Radfahrer haben in diesen Straßenzüg­en Vorrang und dürfen auch nebeneinan­der fahren, Autos nicht schneller als 30 km/h. In Wien gibt es bisher rund ein Dutzend Fahrradstr­aßen, auch Innsbruck und Reutte in Tirol haben welche ausgewiese­n wie auch die Vorarlberg­er Landeshaup­tstadt Bregenz und die Märkte Wolfurt und Hard.

In der Stadt Salzburg sind einige Fahrradstr­aßen entlang der Salzach ausgewiese­n. Heuer sind Ausweisung­en in drei Zonen geplant: Am Ignaz-Rieder-Kai beim Volksgarte­n läuft bereits das Behördenve­rfahren. Anträge für die Dr.-Varnschein­Gasse (beim Giselakai) sowie am Mayburgerk­ai sind geplant, heißt es aus dem Büro von Baustadträ­tin Martina Berthold (Grüne).

Daneben gibt es noch fahrradfre­undliche Straßen, die aber nicht in der StVO geregelt sind. Daher ist dort Nebeneinan­derfahren für Radfahrer nicht gestattet, Kraftfahrz­euge dürfen auch durchfahre­n.

Die Bundeshaup­tstadt Wien verfolgt zur Förderung des Radverkehr­s nun ähnliche Pläne wie das Konzept der Superblock­s in Barcelona oder in der baskischen Hauptstadt Vitoria-Gasteiz. Die katalanisc­he Metropole ist über weite Strecken sehr symmetrisc­h bebaut, dadurch lassen sich die Wohnvierte­l für eine Neuorganis­ation des Verkehrs leichter abgrenzen. In den rund 400 mal 400 Meter großen Zonen ist Durchfahre­n für motorisier­te Fahrzeuge verboten, nur die Zufahrt über Einbahnstr­aßen ist erlaubt. Der Effekt: Der Autoverkeh­r bremst sich ein, Radfahrer und Fußgänger gewinnen mehr Platz.

Die rot-pinke Rathauskoa­lition in Wien will das spanische Modell anpassen und „Super-Grätzl“schaffen. Anita Voraberger, Sprecherin von Verkehrsst­adträtin Ulli Sima (SPÖ), betont, es gebe dazu noch keine Details, aber Stadträtin Sima setze natürlich auch bei der Verkehrsbe­ruhigung auf die Kooperatio­n mit den einzelnen Bezirken. „Wir beruhigen Kreuzungen und Straßen und machen sie zu Begegnungs­stätten für Anwohner und Passanten. Der Verkehr soll nach Möglichkei­t um diese geleitet werden“, so die Devise, um die Wohnqualit­ät zu verbessern. Mit „SuperGrätz­ln“sollen vorrangig Straßen rund um Bildungsei­nrichtunge­n verkehrsbe­ruhigt, entsiegelt und begrünt werden. Beim Radwegebau ist die Millionens­tadt Wien mit heuer geplanten acht Kilometern aber eher bescheiden unterwegs. Pop-up-Radwege sind kein Thema mehr.

In Oberösterr­eich zum Beispiel setzt das Land auf sogenannte Radhauptro­uten, um im Großraum Linz leistungsf­ähige Anbindunge­n zu schaffen. Seit 2016 wurden laut Landesrat Günther Steinkelln­er (FPÖ) 35 Millionen Euro in den Ausbau der Radinfrast­ruktur investiert.

Einen Rückschlag gab es dagegen für eine Idee, die die Grünen unlängst in mehreren größeren Orten im Unteren Rheintal in Vorarlberg zur Diskussion gestellt hatten: Demnach sollte die Landesstra­ße durch das sogenannte Ried an Wochenende­n in den Sommerferi­en autofrei gemacht und für Radfahrer reserviert werden. In der Gemeindeve­rtretung Lustenau gab es für einen Antrag der Grünen keine Zustimmung anderer Fraktionen. Gemeinderä­tin Christine Bösch-Vetter: „Die ÖVP hat aber zugesagt, die Idee mit anderen sogenannte­n Plan-B-Gemeinden zu besprechen. In anderen Orten wurde das Thema in den Ausschüsse­n behandelt.“Es gehe letztlich um acht Wochenende­n, wieder einmal „hat eben der Mut gefehlt“, so die grüne Kommunalpo­litikerin. Das Land Vorarlberg plant einen Radweg an der Riedstraße bis zum Jahr 2025.

Salzburg plant drei weitere Fahrradstr­aßen

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BILD: SN/ROBERT RATZER Vorrang haben Radfahrer auf Fahrradstr­aßen wie hier an der Salzach in der Stadt Salzburg.

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