Ein Kunst-Wal sendet in Wien seine Signale aus
Im Museumsquartier appelliert ein riesiger Stahlwal für Artenschutz.
Er wirkt unverwüstlich, macht aber auf die Verletzlichkeit seiner Spezies aufmerksam: Ein 17 Meter langer Wal aus Stahl ist im Wiener Museumsquartier gelandet. Mit der Installation – sie ist das Siegerprojekt einer internationalen Ausschreibung – will der Salzburger Künstler Mathias Gmachl ein Zeichen für den Artenschutz setzen. Wer sich dem Wal nähert, hört den Sound der Unterwasserwelt, wer die rote Linie überschreitet, bringt die Natur zum Verstummen. Von Wien aus wird der Wal an weitere Stationen reisen.
„Rettet die Wale. Und stürzt das System“, singt Gustav. „Schieb den Wal zurück ins Meer“, grölen die Toten Hosen. In der biblischen Erzählung bringt ein Wal Jona nach Ninive. Und den wohl berühmtesten Wal der Literaturgeschichte erschuf Herman Melville mit Moby Dick. „Für mich ist der Wal ein schönes Symbol. Er hat die Menschen immer zum Erzählen motiviert. Zu biblischen, mythischen und Seefahrergeschichten. Ich möchte einladen, neue Geschichten für eine bessere, gesündere Zukunft zu kreieren“, sagt der Künstler Mathias Gmachl, ein Salzburger, der in London lebt, im Gespräch mit den SN.
Er bringt für seine Kunstaktion „Echoes – a voice from uncharted waters“einen riesigen nachgebauten Wal in das Wiener Museumsquartier. Im Zeitraffervideo vom Aufbau ziehen die Wölkchen unbekümmert über den Haupthof. Ein Kran hebt die Stahlskelette vom Lkw-Anhänger. Die Schwanzflosse zeigt Richtung Mumok, das gemeinsam mit dem Leopold Museum und der Kunsthalle das Projekt ausgeschrieben und vergeben hat.
Der Wal sei auch am Beginn der Umweltbewegung gestanden, erinnert Gmachl. „Save the Wales“habe Greenpeace zu einer international bekannten Organisation gemacht.
Im Museumsquartier nimmt der Wal öffentlichen Raum in Anspruch. Nähern wir uns ihm, hören, wir „Walisch“, aber auch Plankton, Krebstiere, Fische und Robben. Die Unterwasseraufnahmen stammen von der norwegischen Künstlerin Jana Winderen. Sie hat sich auf das Sammeln besonderer Geräusche spezialisiert.
Mathias Gmachl hat mit Meeresbiologen zusammengearbeitet und gelernt: Meerestiere sind auf den Hörsinn angewiesen. Im Dunklen ist die Akustik wesentlich. „Der Klang bewegt sich unter Wasser viel schneller und weiter. Die Wale können über erstaunliche Entfernungen hören. Über die ganze Breite des
Atlantiks und Pazifiks nehmen sie sich gegenseitig wahr.“Doch Waffentests stören. Containerschiffe lärmen.
In der Aktion geht es um Artenschutz an sich. Rund um die siebzehn Meter lange Konstruktion ist ein roter Kreis gezogen. Übertritt jemand die Bodenmarkierung, scannt das ein Lasersensor. Das Licht geht aus. Der Ton verebbt. Statt eines Warnsignals wirkt die bedrohliche Stille – wie im Bestseller „Der stumme Frühling“.
Übrigens: Der Wal hat keinen Namen. „Es ist hilfreich, ihn nicht zu vermenschlichen“, sagt Mathias Gmachl. „Ich möchte nicht, dass man ihn verniedlicht. Es geht darum, sich in die ozeanische Lebenswelt hineinzuversetzen und nicht, ihn in unsere Welt zu holen.“