Vorarlberg macht Hoffnung
In der Corona-Modellregion haben sich entscheidende Fallzahlen bisher überraschend gut entwickelt.
Als Vorarlberg Mitte März unter dem Titel „Corona-Modellregion“zu einer Öffnung der Gastronomie schritt, war Wolfgang Mückstein (Grüne) noch nicht Gesundheitsminister. Als Mediziner bezweifelte er damals in einer Diskussionsrunde des Fernsehsenders Puls 24, dass dieses Projekt im äußersten Westen gut ausgehen wird: Zunächst würden die Leute feiern, nach drei Wochen würden sie jedoch die Rechnung dafür erhalten, meinte er.
Bald acht Wochen nach Öffnung der Gastronomie, aber auch der Zulassung kleiner Veranstaltungen, spricht mehr und mehr dafür, dass der nunmehrige Gesundheitsminister danebenlag. Bisher musste nicht alles zugemacht werden. Die Inzidenz bestätigter Infektionen pro 100.000 Einwohner und Woche hat sich zwar vervielfacht. Ende April belief sie sich auf bis zu 252. Das Land ist aber Modellregion geblieben. In Deutschland wäre bei solchen Werten längst die Notbremse gezogen worden, wären strengere Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen eingeführt worden. In Vorarlberg ist das nicht passiert – und das ist gut so.
Alles in allem machen die Entwicklungen Hoffnung: Nach bisher bekannten Regeln hätte die Zahl der Intensivpatienten zeitversetzt ebenfalls stark steigen müssen. In Wien war das im März noch der Fall gewesen: Zwei Wochen nach der Inzidenz bestätigter Infektionen war sie auf den höchsten Wert seit Beginn der Pandemie geklettert. In Vorarlberg betrug sie zuletzt etwa zehn, und das Prognosekonsortium des Gesundheitsministeriums geht davon aus, dass sie in absehbarer Zeit auch auf diesem Niveau bleiben wird. Das wäre eine positive Überraschung.
Vielleicht ist es Zufall, wahrscheinlich aber macht sich ein Impfeffekt bemerkbar: Immer mehr Menschen bzw. vor allem ältere sind geschützt. Sie können daher kaum noch schwer erkranken. Jüngere bleiben eher gefährdet, auch für sie gilt jedoch „testen, testen, testen“: Ein negatives Ergebnis ist Voraussetzung für einen Lokalbesuch bzw. eine gesellige Runde bei frisch gezapftem Bier.
Wo auffallend viele Neuinfektionen festgestellt werden, gibt es eine Ausreisetestpflicht. Da wird nicht lang gezögert. Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und viele andere stehen unter Druck: Sie wollten die Modellregion, jetzt müssen sie beweisen, dass eine solche funktionieren kann. Aus heutiger Sicht ist nicht ausgeschlossen, dass das klappt. Die Zeichen stehen sogar immer besser.
Ein Erfolg wäre wichtig, er würde zeigen, dass in der Coronaekämpfung endlich mehr als ein Entweder-Oder möglich ist – also nicht nur ein Lockdown mit extrem großen wirtschaftlichen und sozialen Schäden oder eine gesundheitliche Katastrophe.