Wrabetz kandidiert neuerlich als ORF-Generaldirektor
Der altgediente Rundfunkchef will noch fünf Jahre dranhängen. Das Vorhaben könnte jedoch an der ÖVP scheitern.
WIEN. Seit Monaten war darüber spekuliert worden, nun ist es offiziell: Alexander Wrabetz will auch über 2021 hinaus ORF-Generaldirektor bleiben. Die Absicht, erneut zu kandidieren, teilte der 61-Jährige am Donnerstag zunächst den ORFStiftungsräten und anschließend der Presse mit. „Ich habe gezeigt, dass ich das Unternehmen führen kann“, sagte Wrabetz selbstbewusst. Deshalb und weil er Lust habe, „begonnene Projekte in die Tat umzusetzen“, habe er sich entschlossen, sich neuerlich zu bewerben. Die offizielle Bewerbung folge aber noch: Diese sei formal erst mit Start der Ausschreibungsphase ab 1. Juli möglich. Drei Monate vor der
Wahl sei aber „ein guter Zeitpunkt, um zu sagen: ,Ja, ich will‘“.
Alexander Wrabetz steht dem Rundfunk seit 2006 vor. Sollte er im Stiftungsrat, dem höchstrangigen Aufsichtsgremium des ORF, am 10. August wiedergewählt werden, ginge er ab 2022 in seine vierte fünfjährige Amtsperiode. Die Aussicht, dass Wrabetz wiedergewählt wird, ist gegeben. Auch der Generaldirektor selbst schätzt seine Chancen als „durchaus gut“ein. Dass Wrabetz an seine Wiederwahl glaubt, zeigt auch, dass er seine Mitgliedschaft im Executive Board der Europäischen Rundfunkunion schon über das kommende Jahr hinaus verlängert hat.
In den vergangenen Tagen vermeldete aber etwa die „Tiroler Tageszeitung“,
dass die ÖVP den aktuellen Vizefinanzdirektor des ORF, Roland Weißmann, als Generaldirektor bevorzugen würde. Sollte es diese Tendenz tatsächlich geben, könnte das für die Wiederwahl des SPÖ-nahen Wrabetz gefährlich werden. Allein schon, da die ÖVP im Stiftungsrat die Mehrheit hält – also de facto im Alleingang über den neuen ORF-Chef entscheiden kann.
Der Salzburger Stiftungsrat Matthias Limbeck – ein Mitglied des ÖVP-Freundeskreises – sagt im SNGespräch, dass es unter den der Volkspartei nahestehenden Räten noch „keine Diskussion“über einen eigenen ÖVP-Kandidaten gegeben habe. Ob eine solche kommen werde, könne er zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschätzen. Und er ergänzt: „Alexander Wrabetz hat unbestritten seine Qualitäten. Ihm ist auch absolut bewusst, dass für die Landesstudios und somit für Regionalität viel mehr gemacht werden muss.“Wrabetz selbst bezeichnete die Landesstudios am Donnerstag als „wesentliche Säule“der ORFZukunftsstrategie, die sich aber „weiterentwickeln werde“.
Wrabetz machte bei dem OnlinePressegespräch auch Werbung in eigener Sache: Er habe den ORF gut durch die Pandemie geführt. Darüber hinaus sei er fähig, „unterschiedliche Positionen unter einen Hut zu bringen“, aber auch „allein zu entscheiden“. Es sei jedenfalls nicht die Aufgabe des ORF, „die Politik happy zu machen“.
Zu den Zukunftsprojekten, die der Wiener angehen will, zählen etwa der Bau des ORF-Campus am Küniglberg und der Start des ORFPlayers, einer breit aufgestellten Onlineplattform. Sollte er wiedergewählt werden, plant Wrabetz, die gesamte Periode im Amt zu bleiben – und nicht etwa die Hälfte der Zeit abzugeben. Zudem verkündete der 61-Jährige, ein Direktoriumsteam um sich sammeln zu wollen, das zur Hälfte aus Frauen und zur Hälfte aus Männern besteht.