Marsch hinterlässt ein ganz schweres Erbe
ALEXANDER BISCHOF
SALZBURG. Die Abschiedstournee von Jesse Marsch in der FußballBundesliga geht in die entscheidende Phase. Der Trainer von Tabellenführer Red Bull Salzburg, der mit seiner Truppe bereits den ÖFB-Cup 2021 geholt hat, will sich mit dem Meistertitel und dem damit verbundenen Double Richtung RB Leipzig verabschieden. Die großen Erfolge, die Marsch in seinen zwei Jahren als Trainer der Bullen gefeiert hat, setzen seinen Nachfolger, Matthias Jaissle, einigermaßen unter Erfolgsdruck. Der Deutsche muss gleich vom ersten Tag Erfolge liefern.
Holen die Salzburger wie in der vergangenen Saison unter Marsch das Double, dann verlässt der USAmerikaner als bisher erfolgreichster Bullen-Trainer Salzburg. Óscar García gewann mit den Salzburgern zwar auch zwei Mal hintereinander Cup und Meisterschaft, aber Marsch gelang es dazu, sich für die Gruppenphase der Champions League zu qualifizieren. Dort wollen die Salzburger auch im Herbst 2021 für Aufsehen sorgen. Das bedeutet für den „Trainer-Novizen“auf diesem Niveau in der Bundesliga, Jaissle, dass er gleich zu Saisonbeginn mit den Qualifikationsspielen zur Champions League mächtig unter Druck steht. Denn ein Scheitern wäre ein großer Rückschritt.
Der 33-jährige Jaissle bekam einen Dreijahresvertrag. Das ist als großer Vertrauensvorschuss der Bullen-Chefetage zu werten. Und nationale Titel gehören bei den Bullen mittlerweile zum Alltag. Erfolgreich ist ein Trainer nur dann, wenn er mit Red Bull Salzburg im internationalen Geschäft mitmischen kann. Das Ziel heißt: erstmals in der Königsklasse die Gruppenphase überstehen – und wenn das nicht gelingt, in der Europa League Akzente
setzen, besser abschneiden als in den vergangenen beiden Saisonen, wo bereits jeweils in der ersten K.-o.-Runde das Aus kam.
Marsch wird Jaissle ein schweres Erbe hinterlassen. Sein Punkteschnitt liegt bei knapp über zwei Zählern, ein herausragender Wert. „Du bekommst eine super Mannschaft. Ich glaube, du wirst viel Spaß haben“, hatte Marsch bei der Vorstellung von Jaissle in Richtung des Deutschen vor einer Woche gemeint. Spaß wird Jaissle aber nur dann haben, wenn sich schnell die Erfolge einstellen.
Wenn Marsch auch noch den Titel in der Bundesliga verteidigt, dann erhöht sich der Druck auf den deutschen Jungtrainer noch einmal. Auch Marsch machte sich darüber seine Gedanken und erklärte im Gespräch mit den SN: „Der Druck bei
Red Bull Salzburg ist immer groß. Aber auch nach dem Abgang von Marco Rose dachten nur wenige, dass dessen große Erfolge gleich zu wiederholen sind.“Marsch gelang nicht nur der Umbau der Mannschaft nach dem Abgang von Rose zu Borussia Mönchengladbach bestens, sondern er lieferte auch Ergebnisse. Und Nationalspieler Maximilian Wöber betonte: „Jesse hat ein Team aufgebaut, das für sein junges Alter sehr stabil war, extrem hungrig, und was uns Jesse immer vorgelebt hat, war diese Mentalität und Motivation, den Spieltag anzugehen. Dass wir alles dafür geben, um diesen Sieg zu holen, die Großen in der Champions League zu ärgern. Das hat er uns vorgelebt. Das hat ihn als Trainer ausgezeichnet, diese überaus emotionale Art hat uns immer ganz extrem motiviert, immer in uns etwas ausgelöst.“
Gewinnen die Salzburger am Sonntag bei Sturm Graz und schlagen sie dann am 12. Mai im Heimspiel Rapid, dann stehen Andreas Ulmer und Co. erneut als Meister fest. Zum achten Mal in Serie würde dann der Meisterteller nach Salzburg gehen. Dann hätte Marsch auch Fußballgeschichte geschrieben. Der 47Jährige ist auf dem besten Weg, als erst zweiter Trainer nach dem Zweiten Weltkrieg wie Óscar García das Double in Österreich zu verteidigen. Für Jaissle, den jüngsten Trainer in der BullenGeschichte, wird es daher keine Zeit geben, sich einzugewöhnen. Er braucht vom ersten Tag an Erfolge, um in Ruhe seine Vorstellungen, wie er Fußball spielen will, auch umsetzen zu können.