Sozialgipfel streicht das Wort „Geschlechtergleichheit“
Es verschwand auf Wunsch Ungarns und Polens aus der vorbereiteten Erklärung.
Am Freitag und Samstag sollten die 27 Staats- und Regierungschefs auf einem informellen EU-Gipfel in Porto vorrangig über die soziale Dimension der Coronapandemie reden. Dazu zählen auch Themen wie die Lohnschere zwischen Männern und Frauen. Die Beratungen hatten noch gar nicht richtig begonnen, da wurde bekannt, dass Polen und Ungarn ein Problem mit dem Wort „Geschlechtergleichheit“haben.
Auf Betreiben der beiden nationalkonservativ regierten Staaten wurde es aus der gemeinsamen Gipfelerklärung gestrichen. In Budapest und Warschau habe man befürchtet, dass die Formulierung „Raum für LGBT-Rechte schafft“, sagte ein EU-Diplomat. Beide Länder sähen „das Gefüge ihrer christlichen Gesellschaften“in Gefahr. Polen erklärte, es könne nur um die Gleichstellung von Männern und Frauen gehen. Schließlich wurde eine Formulierung gewählt, die „Fairness für jeden Einzelnen in unserer Gesellschaft“anspricht.
Die portugiesische Ratspräsidentschaft versuchte, ein gemeinsames Bekenntnis zu sozialpolitischen Zielen zu erreichen: Dazu gehören eine Verringerung der Armut und eine höhere Beschäftigungsquote. Sehr konkret werden die „Chefs“nicht werden. Die meisten Länder, so auch Österreich, pochen darauf, dass die nationalen Regierungen für Sozialpolitik zuständig bleiben. Man wird vor allem Unterstützung für die Jugend bekunden.
Thema auf dem Gipfel war auch die Unterstützung der USA für eine befristete Aussetzung der Patentrechte für die Coronavakzine. Hier suchten die Staats- und Regierungschefs nach einer gemeinsamen Position. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel hatte eine Freigabe abgelehnt. Sie würde nicht zu einer größere Impfstoffproduktion führen. Frankreich, Polen und die EUKommission äußerten sich dagegen offen bis positiv.
Samstag steht weiters ein Videogipfel mit Indien auf dem Programm. Eine Anreise von Regierungschef Narendra Modi aus NeuDelhi war aufgrund der katastrophalen Coronalage in Indien nicht möglich. Die Beziehungen zur größten Demokratie der Welt sind der portugiesischen Ratspräsidentschaft ein besonderes Anliegen. Es gibt lange historische Verbindungen. Der portugiesische Kapitän Vasco da Gama hatte im 15. Jahrhundert den Seeweg nach Indien entdeckt. Portugal errichtete Stützpunkte und betrieb einen schwunghaften Handel.
Heutzutage ist eine engere Kooperation der EU mit Indien als Gegengewicht zur chinesischen Seidenstraßen-Initiative in der Region von beträchtlicher Bedeutung. Die EU bietet Indien unter anderem Unterstützung beim Aufbau von klimafreundlichen Technologien an. Indien und China haben ein gespanntes Verhältnis. An der gemeinsamen Grenze am Hindukusch kommt es immer wieder zu Zusammenstößen.
Merkel gegen Freigabe von Impfpatenten