Entertainment in der Wiederholungsschleife
Über ein paar Geheimnisse im Zettelberg auf dem Schreibtisch.
„That’s Entertainment“heißt ein Song von The Jam. Der kam mir unter, weil ich dieser Tage gebeten wurde, drei Dinge mitzubringen, die ein Journalist für die Arbeit braucht. Wobei: „mitbringen“? Ich war der Schulklasse, die über Zeitungsarbeit etwas wissen wollte, lockdowngemäß per Zoom zugeschaltet. Da wird Mitbringen durch Vorzeigen ersetzt. Es ist naturgemäß schwer, Neugier und die Lust, am besten nichts zu glauben, bevor man es nicht besser weiß, in die Kamera zu halten. Ich hielt also ein Notizbuch, einen Stift und ein Synonymwörterbuch in die Kamera. Da schmunzelten ein paar der Teenager am anderen Ende der Zoom-Leitung. Ihr Schmunzeln fragte: Wie alt bist du, Oida? Die Kids haben das ja alles auf ihren Smartphones: Notizen-Funktion, Diktierprogramm, Dokumenten-Ablagesystem. Hätte ich ja auch. Aber, so erzählte ich, ich halt’ auch die Zettelwirtschaft auf dem Schreibtisch für ein Werkzeug. Und das liegt beim ZoomMeeting aus dem Homeoffice schön griffbereit da. In diesem Durcheinander, sagte ich, wuchern Ideen. Nur beim Z’sammräumen ist die Zettelwirtschaft eine Katastrophe. Was kann zum Altpapier? Was darf noch bleiben, weil noch ein ungebrauchtes Wort notiert sein könnte? Einer der überlebenden Zettel vom letzten Aufräumen ist noch da. Da steht: „Jam. Entertainment“. Ich hielt den Zettel in die Kamera und erzählte den Kids, dass auch die Wiederholung zum Wesen des Journalismus gehört.
Alles passiert immer wieder. Vielleicht ändern sich Namen und Regierungsformen. Vielleicht verschieben sich die Themen, aber immer geht es um Hinterhältigkeit und Machtspiele. Der Mob der Dummheit trampelt immer. Messages sind oft nichts als ein Werbetrick. Nie hört das auf. In dem Song von The Jam geht es um einen Blick auf die Straße der Ohnmacht, die mitten durchs Leben führt. Es heulen Sirenen, es splittert Glas. Es stampfen Stiefel auf der breiten Straße der Ignoranz und Ungerechtigkeit. Und alle schauen gerne zu: „That’s Entertainment“. Der Song ist 41 Jahre alt, der Zettel erst ein paar Wochen. Ich hebe ihn weiter auf.