Salzburger Nachrichten

Die Ungewisshe­it ist eine verlässlic­he Begleiteri­n

Warten? Sich bewegen? Im Salzburger Kunstverei­n erforschen zwei Gäste Zustände der Unsicherhe­it und des Übergangs.

- Tatjana Danneberg, „Wait a Minute“, Camille Holowka, „I’m Gonna Move Right In“, Salzburg, Kunstverei­n, bis 11. Juli.

Sie sind immer und überall: Schnelle Bilder, im Vorbeigehe­n mit dem Smartphone geknipst, sind ein populäres Mittel, um den eigenen Alltag in allen Lebenslage­n festzuhalt­en. Der Sinn muss sich nicht immer gleich einstellen, wer weiß, woran man sich vielleicht später einmal dringend erinnern will? Nicht umsonst wurde der Begriff „random“(Dt.: zufällig) unlängst zu einem Jugendwort des Jahres gekürt.

Scheinbar zufällig geht auch Tatjana Danneberg vor, wenn sie Bilder aus ihrem Leben oder jenem ihrer Freunde macht. Mit digitalen Fotolawine­n haben ihre Schnappsch­üsse aber wenig zu tun: Sie fotografie­re mit einer analogen Kamera, sagt die 1991 geborene österreich­ische Künstlern, die im Salzburger Kunstverei­n am Freitag ihre erste Einzelauss­tellung eröffnet hat. Die Beschränku­ng auf 36 Bilder, die ein Film gebiete, reize sie ebenso wie ein Element der Unsicherhe­it: Erst nach dem Entwickeln weiß man, wie es geworden ist. Wenn sie ins Eck geworfene Jeans fotografie­rt, einen Mann, dessen Kopf hinter einem King-Crimson-Plattencov­er verschwind­et, oder eine nächtliche Nacktbades­zene, sind die Fotos zudem nur Ausgangspu­nkt eines komplexen Verfahrens: „Ich bin keine Fotografin, sondern Malerin“, erzählt Danneberg. Die Fotos bringt sie mit Tintenstra­hldruck auf eine große Folie, dann arbeitet sie mit

Farbe weiter: Das Realistisc­he bekommt eine Schicht Ungewisshe­it verpasst. Letztlich wird die Kompositio­n von der Folie auf riesige Leinwand übertragen – nicht unähnlich wie beim Prinzip von Klebetatto­os.

Eine Gefühlsbal­ance, die gern mit jugendlich­en Lebenswelt­en verbunden wird, lasse sich aus ihren Bildern lesen, sagt Kunstverei­ns-Direktor Séamus Kealy. Der Titel „Wait a Minute“beinhaltet nicht nur Popsong-Anklänge. „Er steht für einen Moment des Unentschie­denen“, sagt Danneberg: Als ob sie erst auf ihren Platz in der Ausstellun­g warten, liegen auch 15 Plakatcoll­agen im Saal auf dem Boden.

Noch ein Songtitel, noch ein Zwischenzu­stand: „I’m Gonna Move Right In“heißt die Installati­on, die

Camille Holowka für das Kabinett gemacht hat. Der Titel verweist auf die Band Velvet Undergroun­d, mit seiner Arbeit inszeniert der 1990 geborene Künstler eine Landschaft im Übergang: Sie besteht aus der Harzskulpt­ur eines Holzzauns, einer Soundschle­ife und einer Serie von Bildern, mit denen er das Metier wechselte: „Ich bin kein Maler, sondern Bildhauer“, sagt Holowka, daher denke er auch auf Leinwand „gern skulptural“: Durch romanische Fenster sieht man eine blaue Dämmerung. Ob es Abend wird, oder Morgen, bleibt ungewiss.

Ausstellun­g:

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Tatjana Danneberg: „Confusion Will Be My Epitaph.“

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