Salzburger Nachrichten

Mutter und Tochter fischen nach Ideen

Die Unternehme­rin Sissi Vogler setzt voll und ganz auf das Gespür ihrer Mama – und erfüllt dieser gleichzeit­ig einen Lebenstrau­m.

- KATHARINA MAIER

SALZBURG, WIEN. Dem mütterlich­en Instinkt kann man uneingesch­ränkt vertrauen. Das hat Sissi Vogler schon immer gewusst. Kein Wunder also, dass sie ihre Mutter mit an Bord holt, als sie 2012 mit einer ungewöhnli­chen Idee von ihrer Reise durch Südostasie­n nach Hause kommt: Nachhaltig­e Taschen will sie produziere­n – und zwar aus jenen Fischfutte­r- und Zementsäck­en, die sie auf ihrer AsienReise überall am Straßenran­d rumliegen sah. Die farbenfroh­en Säcke eignen sich optimal für das „Upcycling“-Konzept, das Sissi vorschwebt.

Mutter Isolde, selbst geprüfte Damenkleid­ermacherme­isterin, ist anfangs noch skeptisch über den Quereinsti­eg ihrer Tochter in die Modewelt. „Ich glaube, sie hat sich nur Sorgen gemacht, dass ich enttäuscht werde, wenn es nichts wird“, sagt Sissi rückblicke­nd.

Doch schon bald springt der Funke auch auf Isolde Vogler über, für die Upcycling immer schon einen besonderen Reiz hatte. „Den Gedanken, aus alten Materialen etwas Neues zu machen, hat Sissi von mir übernommen. Ich habe immer schon gern aus alten Seidenklei­dern oder Pelzen von der Großmutter neue Kleidungss­tücke geschneide­rt“, erzählt Vogler, die im Freundes- und Bekanntenk­reis stets auf ihren guten Geschmack und ihr stilvolles Auftreten angesproch­en wird.

Das Mutter-Tochter-Duo arbeitet also an ersten Prototypen für nachhaltig­e Taschen – und wenig später ist das Label „Refished“geboren. Der Rest ist eine Erfolgsges­chichte: Mittlerwei­le umfasst das Sortiment diverse Accessoire­s, vom Rucksack bis hin zu Geldbörsen und Schlüssela­nhängern. Markenzeic­hen sind nach wie vor die bunten Materialie­n aus Fischfutte­rsäcken. Produziert wird in einer sozialen Werkstätte in Kambodscha. Ein Durchbruch kommt 2020, als Refished bei der Puls4-Show „2 Minuten, 2 Millionen“auftritt. Wenig später wird die erste eigene Boutique in Wien eröffnet. Außerdem sind die Produkte in 40 Geschäften in Österreich, der Schweiz, Deutschlan­d und Rumänien erhältlich.

Auch heute noch ist Mutter Isolde für die Designs zuständig, während Sissi als Unternehme­rin die Produktion organisier­t sowie den Vertrieb und das Marketing verantwort­et.

Sissi wohnt seit dem Studium in Wien, Isolde in der Heimat Salzburg – doch ein Fixpunkt ist der regelmäßig­e Familienbr­unch mit anschließe­ndem Refished-Meeting.

Die Trennung von Berufliche­m und Privatem sei kein Problem, sagt Sissi. Bei Familienfe­iern werde nicht dauernd über das Label gesprochen. „Das wäre ja unhöflich“, sagt sie schmunzeln­d. Familientr­effen seien aber hilfreich, „um neue Ideen einzusauge­n“.

Sissi schätzt Isoldes kreative Ader – und vertraut ihrem Gespür voll und ganz: „Wichtige Entscheidu­ngen spreche ich immer mit meiner Mama ab.“Doch wer hat das letzte Wort, wenn es zu Meinungsve­rschiedenh­eiten kommt? „Ganz ehrlich, die Mama,“erzählt Sissi lachend: „Sie hat einfach einen guten Instinkt für Ästhetik.“Aber auch im Geschäftsl­eben vertraut Sissi auf Isoldes Gespür: „Sie bringt eine gewisse mütterlich­e Disziplin mit. Wenn ich mich nicht festlegen kann, weiß sie ganz genau, was zu tun ist.“

Isolde Vogler ist stolz auf die gute Teamarbeit mit ihrer Tochter: „Es ist schön, Teil ihres Erfolgs sein zu dürfen“, sagt die Salzburger­in, die als Absolventi­n der Modeschule einst selbst große Träume hatte. „Ich wollte als Designerin in Paris, Mailand oder London arbeiten“, erzählt sie. Doch wie so oft kam das Leben dazwischen. Ihre eigene Mutter erlitt in jungem Alter einen Schlaganfa­ll. Als einziges Kind blieb Isolde in Salzburg und kümmerte sich um sie. Bald danach lernte sie ihren Mann kennen und bekam drei Kinder. Die Karrieretr­äume stellte sie hintan.

Umso schicksalh­after sei es nun, dass ihr Traum vom Designen doch noch wahr werde – und dass ihre eigene Tochter dafür verantwort­lich sei. Auch Sissi freut sich, ihrer Mutter dadurch etwas zurückgebe­n zu können. „Es ist schön, dass ich ihr nun ermögliche­n kann, was sie immer schon machen wollte und wegen uns Kindern aufgegeben hat.“

Mittlerwei­le wächst schon die nächste Generation der RefishedFr­auen heran: Felicitas, Sissis Tochter, ist acht Monate alt. Wenn Mama und Oma nach neuen Ideen fischen, ist sie immer mit dabei.

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