China will nach den Regeln seines Staatskapitalismus spielen
Die Europäische Union hat in dieser Woche ein paar rote Linien für den wirtschaftlichen Umgang mit Drittstaaten gezogen. Konzernen, die von ihren Regierungen subventioniert werden, soll es untersagt werden können, europäische Unternehmen zu übernehmen. Sie sollen darüber hinaus auch von der Ausschreibung öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden können. Im Hinblick auf einen fairen Wettbewerb will die EU-Kommission ihr strenges Regime bezüglich staatlicher Beihilfen lückenlos anwenden, auch wenn es um Konzerne geht, die ihren Sitz außerhalb der EU haben. Die neue Ordnung, wenn sie die EU-Mitgliedsländer
umsetzen, gilt für alle Drittstaaten, die Initiative der Kommission zielt aber gegen ganz bestimmte – Russland und vor allem China.
Chinesische Konzerne gehen – mit vollen Geldtaschen und Staatsgarantien ausgestattet – schon länger auf Einkaufstour in der Welt. Manchmal sind sie Retter in der Not, nutzen Zwangslagen aus, wie bei der Übernahme des Hafens Piräus’ im finanziell angeschlagenen Griechenland. Aber offene Märkte bedingen faire Spielregeln, insofern ist der Vorstoß der EU-Kommission keine Absage an Wettbewerb, sondern schafft erst die Voraussetzung dafür. Es wäre töricht, das Banner des freien Marktzugangs hochzuhalten und zuzusehen, wie Chinas Konzerne sich Industrieperlen schnappen, um Know-how abzusaugen. Marktwirtschaft bedeutet eben nicht, dass jeder Teilnehmer tun und lassen kann, was er will, sondern dass alle nach den gleichen Regeln spielen, aber sich am Ende der Bessere durchsetzt.
Die Beziehung zwischen China und dem Westen hat aber noch eine Facette. Lenkt man den Blick vom Expansionsdrang der Chinesen ins Land selbst, sieht man, dass westliche Konzerne die Prinzipien ihrer Heimatländer auf Druck der Regierung in Peking gegen die Erlaubnis eintauschen, in China ihren Geschäften nachzugehen. Ein Kollege der „Financial Times“schreibt, die Unternehmen erlägen dem „StockholmSyndrom“. Gemeint ist das Phänomen, dass sich Opfer einer Geiselnahme mit ihren Kidnappern solidarisieren. So kommt es, dass ausländische Unternehmen nicht gegen die Einschränkung von Menschenrechten und Pressefreiheit oder die Unterdrückung von Minderheiten aufbegehren, sondern stillschweigend dulden. Global tätige Konzerne können nicht am chinesischen Markt vorbeigehen, der Wachstumsraten aufweist, von denen man in gesättigten westlichen Staaten nur träumen kann. Aber heiligt dieser Zweck wirklich alle Mittel?
Donald Trump hatte China mit dem Abbruch der Wirtschaftsbeziehungen gedroht, aber diese Entkoppelung ist nicht möglich. Zu sehr sind die großen Wirtschaftsblöcke miteinander verwoben, auch wenn die Coronakrise der Globalisierung eine Delle versetzt hat. Chinas Staatspräsident Xi Jinping macht aber klar, dass er das System des Staatskapitalismus für überlegen hält, er will sich bei der Expansion keine Grenzen setzen lassen. Aber wenn dabei die Werte des Westens in Gefahr geraten, muss man China die Grenzen aufzeigen, um die Ordnung der freien Marktwirtschaft mit den Mitteln des Rechts zu verteidigen.
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