Spektakuläres Comeback von Ex-Tourneesieger Diethart
Der „Didl“ist zurück: Thomas Diethart wagt sich wieder auf die Skisprungschanze. Der ÖSV hat ihm das Training im Stützpunkt Innsbruck ermöglicht. Voraussetzung ist ein ärztliches Attest.
SALZBURG. Das Bild von Thomas Dietharts entstelltem Gesicht hat den Skisprung-Zirkus schockiert. Für Diethart selbst war es der Anfang vom Ende – vom Ende seiner Karriere. Was war passiert? Der ÖSV-Skispringer verlor im November 2017 beim Training in Ramsau am Dachstein nach dem Absprung die Kontrolle und prallte mit voller Wucht auf den Schanzenvorbau. Im Krankenhaus war ihm schnell klar: „Jetzt lass’ ich es sein.“
Dreieinhalb Jahre später sind die äußerlichen Narben längst verheilt und auch seine Denkweise hat sich geändert. Das Skispringen hat Diethart nie wirklich losgelassen. Nun plant der Sensations-Tourneesieger von 2014 ein spektakuläres Comeback. Wie die SN erfuhren, steht der 29-jährige Wahl-Tiroler wieder voll im Training und hat den Österreichischen Skiverband über seine Pläne bereits informiert. Das bestätigte auch Sportdirektor Mario Stecher: „Wir haben schon alle Vorkehrungen
getroffen und unterstützen das. Der ,Didl‘ darf im Stützpunkt in Innsbruck mit den ÖSV-Kaderathleten mittrainieren.“
Doch damit ist es noch nicht getan: Im Fall von Thomas Diethart braucht es auch ein ärztliches Attest. „Wir müssen uns hier absichern, wir wollen als Verband kein Risiko eingehen.“Denn: Diethart hat Folgeschäden von drei schweren Stürzen, die ihn 2017 zum Karriereende zwangen, mitgenommen. Beim Kontinentalcup in Brotterode in Thüringen hatte er sich Gesichtsverletzungen sowie Prellungen an der Wirbelsäule, an der Lunge und an der Niere zugezogen. Vergleichsweise glimpflich verlief ein Trainingsunfall kurz darauf, doch der besagte Trainingssturz in Ramsau war wirklich folgenschwer. Die Diagnose: schwere Gehirnerschütterung, Einblutung ins Gehirn, Lungenquetschung und wieder immense Gesichtsverletzungen.
„Beim ersten Mal hatte ich wirklich Pech mit dem Wind, am zweiten und dritten Sturz war ich selbst schuld“, sagte Diethart danach dem „Standard“. Der dritte Sturz sei für ihn heute präsenter als der Tourneesieg, denn die gesundheitlichen Folgen waren besorgniserregend. Anfänglich fiel es Diethart schwer, sich etwas zu merken. Geblieben ist der Verlust seines Geschmacksund Geruchssinns. „Aber ich weiß ja noch, wie etwas geschmeckt hat, das habe ich abgespeichert. Deshalb ess’ ich noch immer, was ich vorher gern gegessen habe“, erzählte Diethart dem „Standard“.
Am Skispringen hindert ihn das freilich nicht. Videos von seinem Training zeigen, über welch außergewöhnliche Sprungkraft Diethart immer noch verfügt, als hätte er einen Gummiball verschluckt. Schon damals, als wahrscheinlich überraschendster Gesamtsieger in der
Tourneegeschichte, stand der Name Thomas Diethart für Spektakel. Als 21 Jahre alter „Nobody“rutschte er im Dezember 2013 in Österreichs Star-Team um Gregor Schlierenzauer und Thomas Morgenstern. Gleich beim Tourneeauftakt in Oberstdorf, in seinem erst fünften Weltcupspringen, holte Diethart Rang drei – und kam in den berühmten Flow. Sieg in Garmisch, Fünfter in Innsbruck, Sieg in Bischofshofen. Ein Sportmärchen „made in Austria“.
Medien und Skisprung-Fans feierten den „Flachland-Adler“aus Michelhausen im Mostviertel. Nebenbei wurden seine Eltern und ein rosa Plüschferkel zu TV-Attraktionen – und Diethart zum „Didl der Nation“. Und jetzt traut sich dieser Diethart zurück auf die Schanze. Ob sich ein ähnliches Sportmärchen nach fast vier Jahren ohne Wettkampf wiederholen lässt? Wohl kaum! Allerdings hatte Thomas Diethart schon damals niemand zugetraut, jemals die Tournee gewinnen zu können.