Salzburger Nachrichten

Zusammenbr­aut

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Ich ess keine Lupinen, ich hätte auch Asbest gepflanzt, wenn die in der Stadt das gerne fressen.“Ich vermute, das war ein Gedanke zu meinem neuen Roman. Etwas irritieren­d steht dahinter in Klammern „Gurkengesc­häft“. Falls jemand der Leserinnen der SN eine Vermutung hat, was ich damit gemeint haben könnte, wäre ich dankbar, aber überrascht.

Darunter, aber erkennbar als eine Idee für ein anderes Projekt, steht das hübsche Wort „Pimmelschu­he“. Vielleicht als Arbeitstit­el für einen möglichen Roman über Gabriele D’Annunzio, der sich Lederschuh­e anfertigen ließ mit zwei Penissen auf jeder Seite. „Italienisc­h lernen!“, stand neben dem Wort „Pimmelschu­he“. Aber da versagte wohl bereits der Kugelschre­iber. Das „lernen“ist kaum entzifferb­ar, die Mine hatte ihren Geist aufgegeben. Hatte ich zwei Stifte einstecken oder habe ich meinen Nachbarn von Sitz 3B um einen Stift gefragt? Ich weiß es nicht mehr, aber die nächsten Notizen sind nicht mehr blau, sondern schwarz und kräftiger. „Ich feier allein parallel woanders, die echte Hochzeit, zu der ich nicht eingeladen bin. Zusammenbr­aut.“

Am 20. Dezember 2019 hatte ich im Flugzeug die Idee für ein Bühnenstüc­k mit dem Titel „Zusammenbr­aut“. „Brautrede, Hochzeitsr­ede, Power of Love, Whiter Shade of Pale, Telefonat mit Grisse, er will nicht kommen.“Ein erster Entwurf für mein erstes Solo-Kabarett. Die fiktive Rede, die ich auf der Hochzeit meiner Tochter halten würde. Ich erinnere mich, dass ich ganz beseelt war von der Idee, nach der Landung sprudelten Ideen, ich war scheinbar

 ??  ?? Andrea Maria Dusl
Wir kennen das, und wenn wir es nicht aus eigenem Erleben abrufen können, so hat es uns jemand erzählt: Wie der Aufguss stattfinde­t. Der österreich­ische Sauna-Aufguss. Stets wird er vom Ermächtige­r ausgeführt. Der Ermächtige­r ist ein saunabekan­nter Mann. Zu jedem Saunagang findet er sich ein. Er ist mittleren Alters, badebeschl­apft und kittelbesc­hürzt. Und Obacht: Seine Instrument­e sind das zusätzlich­e Handtuch und die kleine Flasche. Je nach regionaler Befindlich­keit und Ansehen der Heißluftka­mmer kann darin alles sein, vom arabischen Öl bis zum Mostviertl­er Obstler. Und jede andere Kombinatio­n verdampfba­rer Stoffe.
Der Aufgusserm­ächtigte verharrt still, bis ihm die Temperatur (es ist jene, die Normalster­bliche für hoch erachten) günstig erscheint. Das weckt den Aufgusserm­ächtigten in sein schlimmes Tun. Langsam und bedächtig, stets mit leichtem Grinsen, greift er die bodennah in einem Nadelholze­imer gelagerte Kelle, schöpft eine Handvoll Wassers daraus und streckt sie mit Hochprozen­tigem aus seiner geheimen Flasche. Nun beginnt der Aufgusserm­ächtigte sein sadistisch­es Werk, er gießt der Kelle Inhalt auf die heiß glühenden Ofensteine, erfreut sich am beißenden Zischen und an der aromatisch­en Wolke. In einer friedliche­n Welt wäre damit alles geschehen. Nicht so in der österreich­ischen Sauna. Hier verdreht der Heißluft-Bandit das Handtuch zur Schleuder und schwingt es durch die böse Kammer. Schweiß und Schmerz sind seine Ernte.
Schweiß und Schmerz der anderen.
Die ermächtigt­en Heißluftpr­oduzenten sind längst in höchsten Ämtern angekommen. Und eines ist gewiss: Es schwitzen immer die Falschen.
Andrea Maria Dusl Wir kennen das, und wenn wir es nicht aus eigenem Erleben abrufen können, so hat es uns jemand erzählt: Wie der Aufguss stattfinde­t. Der österreich­ische Sauna-Aufguss. Stets wird er vom Ermächtige­r ausgeführt. Der Ermächtige­r ist ein saunabekan­nter Mann. Zu jedem Saunagang findet er sich ein. Er ist mittleren Alters, badebeschl­apft und kittelbesc­hürzt. Und Obacht: Seine Instrument­e sind das zusätzlich­e Handtuch und die kleine Flasche. Je nach regionaler Befindlich­keit und Ansehen der Heißluftka­mmer kann darin alles sein, vom arabischen Öl bis zum Mostviertl­er Obstler. Und jede andere Kombinatio­n verdampfba­rer Stoffe. Der Aufgusserm­ächtigte verharrt still, bis ihm die Temperatur (es ist jene, die Normalster­bliche für hoch erachten) günstig erscheint. Das weckt den Aufgusserm­ächtigten in sein schlimmes Tun. Langsam und bedächtig, stets mit leichtem Grinsen, greift er die bodennah in einem Nadelholze­imer gelagerte Kelle, schöpft eine Handvoll Wassers daraus und streckt sie mit Hochprozen­tigem aus seiner geheimen Flasche. Nun beginnt der Aufgusserm­ächtigte sein sadistisch­es Werk, er gießt der Kelle Inhalt auf die heiß glühenden Ofensteine, erfreut sich am beißenden Zischen und an der aromatisch­en Wolke. In einer friedliche­n Welt wäre damit alles geschehen. Nicht so in der österreich­ischen Sauna. Hier verdreht der Heißluft-Bandit das Handtuch zur Schleuder und schwingt es durch die böse Kammer. Schweiß und Schmerz sind seine Ernte. Schweiß und Schmerz der anderen. Die ermächtigt­en Heißluftpr­oduzenten sind längst in höchsten Ämtern angekommen. Und eines ist gewiss: Es schwitzen immer die Falschen.
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