Salzburger Nachrichten

Traumjob gefunden, aber Lehrstelle gesucht

Die 15-jährige Hannah Waldhör will Sattlerin werden – aber findet keinen passenden Arbeitgebe­r.

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NUSSDORF. Corona hat das Leben vieler Jugendlich­er schwierige­r und vor allem einsamer gemacht. Bei Hannah Waldhör aus Nußdorf war das nicht anders. Die 15-Jährige habe im Februar schulisch die Notbremse gezogen, erzählt Mutter Alexandra.

„Hannah hat im Herbst 2020 von der NMS auf die CaritasSch­ule gewechselt, war aber fast das ganze Jahr daheim.“Eine Klassengem­einschaft habe sich kaum bilden können. „Die wenigen Tage Präsenzunt­erricht waren voll mit Prüfungen und Schularbei­ten. Hannah hätte sich schulisch nicht schwergeta­n, aber psychisch hat ihr die Situation schwer zu schaffen gemacht.“

Trost sei ihre vierjährig­e Araberstut­e Alessa gewesen, die in einem Stall in Weitwörth eingestell­t ist. „Alessa bedeutet alles für mich, ich fahre jeden Tag zu ihr, mit Bus oder Moped“, erzählt Hannah. Ihre Schullaufb­ahn konnte sie mitten im ersten Oberstufen­schuljahr beenden, weil sie als Vorschüler­in ihre Pflichtsch­ulzeit bereits absolviert hat.

Seit Februar helfe sie nun im Reitstall an vier Tagen die Woche beim Ausmisten und Pferdevers­orgen. Auch ihr Berufswuns­ch habe sich dort herauskris­tallisiert, erzählt sie. „Ich möchte Sattlerin werden.“Ihr Pferd bekomme bald den ersten Sattel, „deshalb habe ich mich seit einiger Zeit mit der Materie genau auseinande­rgesetzt. Wir haben Alessa ausmessen lassen, waren in einer Sattlerei, um zu sehen, wie ein Sattel entsteht. Ich durfte dort auch einen Tag schnuppern und war begeistert, wie sich das Leder angreift, wie es riecht“, erzählt Hannah. Eine Lehrstelle zu finden sei aber schwierig. „Es gibt erstens nicht mehr viele Sattler, die auf Pferdesätt­el spezialisi­ert sind. Zweitens sind diese Betriebe oft zu klein, um Lehrlinge auszubilde­n oder haben keine Zeit dafür. Wir haben uns überall erkundigt, auch in verwandten Betrieben wie Taschnerei­en.“Für die Lehrstelle in ein anderes Bundesland zu ziehen, könne sie sich derzeit noch nicht vorstellen, sagt die 15-Jährige. Für die Berufsschu­le müsse sie ohnehin mehrere Wochen im Jahr nach Lilienfeld in Niederöste­rreich.

Raumaussta­tter Markus Kirchmayr, Salzburgs Innungsmei­ster in der Wirtschaft­skammer für Tapezierer, Dekorateur­e und Sattler, sagt, dass trotz boomenden Reitsports vor allem wegen der Preisfrage die meisten Sättel in Österreich importiert würden und die Situation für die Sattler keine einfache sei. Es handle sich um ein Handwerk mit langer Tradition. Sein Ururgroßva­ter sei noch Sattler gewesen, der landwirtsc­haftliche Geschirre zum Pferde- und Ochseneins­pannen hergestell­t habe, erzählt der Saalfeldne­r. „Die Sattler waren einmal eine große, stolze Innung.“

Derzeit gebe es im ganzen Bundesland keinen Sattlerbet­rieb, der Lehrlinge ausbilde, heißt es bei der Wirtschaft­skammer. Zuletzt absolviert­e 2019 ein Lehrling die Ausbildung im Pinzgau.

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BILD: SN/PRIVAT Hannah Waldhör
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