Salzburger Nachrichten

Rufe nach Blümels Rücktritt wegen Geheimakte­n

Nicht nur die zu späte Aktenliefe­rung an den Ibiza-U-Ausschuss regt die Opposition auf.

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WIEN. Zwölf Aktenkarto­ns, abgestellt in den Gängen des Parlaments. Auch nach der von Höchstgeri­cht und Hofburg erzwungene­n Aktenliefe­rung aus dem Finanzmini­sterium an den Ibiza-Untersuchu­ngsausschu­ss gehen die innenpolit­ischen Wogen hoch. Denn Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP), der die Akten eigentlich nach einer Entscheidu­ng des Verfassung­sgerichtsh­ofs (VfGH) bereits Anfang März hätte liefern müssen, stufte die Akten als „geheim“ein. Deshalb wurden sie in Papierform geliefert, die Abgeordnet­en dürfen die Dokumente nicht digitalisi­eren und nach

Stichworte­n durchsuche­n. Zudem dürfen die Inhalte in der Öffentlich­keit nicht besprochen werden. Es gibt vier Klassifizi­erungsstuf­en. Als „geheim“können Informatio­nen eingestuft werden, wenn ihre Preisgabe „die Aufrechter­haltung der öffentlich­en Ruhe, Ordnung und Sicherheit“gefährdet.

Weil es sich aber um Korrespond­enz zwischen Finanzress­ort und dem schon unter Druck geratenen ÖBAG-Chef Thomas Schmid handelt, fordert die Opposition die Änderung der Geheimhalt­ungsstufe. Entscheide­n muss das Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka (ÖVP).

Aus Sicht von SPÖ, Neos und FPÖ genügt als Rücktritts­grund ohnehin schon die Tatsache, dass die Höchstrich­ter und der Bundespräs­ident ausrücken mussten, damit Blümel die Akten lieferte. Die eigene Partei stellt sich hinter den Minister – aber auch der grüne Koalitions­partner. Die Vorwürfe reichten nicht, befand die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer. Die Vorgangswe­ise der Aktenliefe­rung sei aber „mehr als unglücklic­h“. Leise, aber überrasche­nde Kritik an seinem Parteikoll­egen kam von Oberösterr­eichs Landeshaup­tmann Thomas Stelzer. Er meinte, dass man „ nicht mit allem bis zum letzten Abdruck warten“müsse. Laut der Opposition handelt es sich bei der deutlich zu späten Aktenliefe­rung um eine Verzögerun­gstaktik, denn der Ibiza-UAusschuss wäre eigentlich Mitte Juli vorbei. Für eine Verlängeru­ng bräuchte es eine Mehrheit im Parlament und somit die Stimmen der Grünen. Die grüne Fraktionsv­orsitzende Nina Tomaselli sagte auf SNAnfrage: „Es gibt noch keinen Antrag.“Ob die Grünen mitgehen würden, ist noch offen. Aber die Minderheit könnte im Herbst ohne ÖVP und Grüne einen zweiten Ibiza-UAusschuss einberufen.

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