Die ÖVP und ihr Problem mit der Justiz
Nach Finanzminister Blümel entscheidet der Verfassungsgerichtshof darüber, welche Daten Bundeskanzler Kurz ans Parlament liefern muss.
Nach Blümel kommt Kurz: Der Verfassungsgerichtshof berät, welche Daten der Kanzler ans Parlament liefern muss. Den Grünen missfällt der Umgang der ÖVP mit der Justiz.
WIEN. Die Beziehung zwischen den ÖVP-Mitgliedern in der Bundesregierung und der Justiz wird in diesen Tagen mehrfach auf eine schwere Belastungsprobe gestellt. Vergangene Woche hatte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) Bundespräsident Alexander Van der Bellen zur Exekution eines Erkenntnisses aufgefordert, wonach das von Gernot Blümel geführte Finanzministerium die vom Ibiza-Untersuchungsausschuss geforderten Daten zu liefern habe. Nach einer öffentlichen Stellungnahme Van der Bellens hatte Blümel die unverzügliche Übermittlung der Aktien zugesagt.
Diese Woche beraten die Höchstrichter darüber, ob Bundeskanzler Sebastian Kurz vom U-Ausschuss verlangte E-Mails und Kalendereinträge zur Verfügung stellen muss. Auch ihm hatte der VfGH eine Frist gesetzt, bis zu der er die geforderten Akten ans Höchstgericht vorzulegen hat. Kurz behauptet, bereits alles Relevante geliefert zu haben, alle nicht relevanten Unterlagen aus seiner ersten Amtszeit seien vernichtet worden und könnten daher nicht mehr geliefert werden.
Mit ihrer Hinhaltetaktik gegenüber den Höchstrichtern verärgern die ÖVP-Spitzen auch ihren Koalitionspartner. Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler sieht in Blümels Vorgehen einen „Mangel an Respekt vor den Institutionen, vor dem Verfassungsgerichtshof und dem Parlament. Das ist kein Ruhmesblatt und keine Kleinigkeit“, richtete der Vizekanzler Blümel am Sonntag via „Kleine Zeitung“aus.
Die Verfassung und die Institutionen des Rechtsstaats geben den Rahmen vor. Ein Minister dürfe ein Höchstgericht „nicht an der Nase herumführen“. Blümel habe den Imageschaden nun „selbst zu verantworten“, findet Kogler. Und er übt insgesamt Kritik am Koalitionspartner: „Es ist nicht das erste Mal, dass sich die ÖVP gezwungen sieht, im Umgang mit der Justiz auf der richtigen Seite aufzuwachen“, sagte
„Ein Mangel an Respekt vor Institutionen, dem VfGH und dem Parlament.“
Werner Kogler, Vizekanzler
Kogler und führt diesbezüglich etwa die „überbordenden Zurufe an die Ermittlungsbehörden“, also die Kritik an der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft von Bundeskanzler Sebastian Kurz abwärts, ins Treffen. „Das war eine Sackgasse“, sagte Kogler. Die Grünen würden aber im Justizbereich die Unabhängigkeit sichern.
Zur Untermauerung dieses Versprechens bekräftigte Justizministerin Alma Zadić am Samstag die Änderung des sogenannten RazziaParagrafen, wonach eine Beschlagnahmung von Unterlagen und Datenträgern bei Behörden künftig nur mehr auf dem Weg eines Amtshilfeverfahrens möglich sein soll. „Der Paragraf wird von mir geändert“, sagte die Justizministerin am Samstag in der Ö1-Reihe „Im Journal zu Gast“. Die Regelung hatte bei Experten und Standesvertretern für heftige Kritik gesorgt.
„Ich habe immer klargestellt, wenn es um Korruptionsbekämpfung geht, will ich sie unterstützen“, so Zadić. Sie werde sie mit Sicherheit nicht einschränken. Korruptionsbekämpfung sei wichtig und dazu brauche es auch die entsprechenden Zwangsmittel wie Hausdurchsuchungen, sagte Zadić.
Eine Expertengruppe wird sich laut Zadić in Bälde an die Arbeit für einen Bundesstaatsanwalt an der Spitze der Weisungskette machen. Es gehe darum, die Weisungsspitze zu entpolitisieren. Die Arbeitsgruppe soll nicht nur den Bestellvorgang, sondern auch die Kontrollmechanismen klären. Bei der Bestelldauer werde ein längerer Zeitraum notwendig sein. So würde etwa eine über die Legislaturperiode hinausgehende Amtszeit eine gewisse Unabhängigkeit sichern. Die Gruppe werde monatlich tagen, Zadić stellt in Aussicht, dass Zwischenergebnisse veröffentlicht werden.