Beschränkungen fallen: Europa auf dem Weg zur Normalität
In Brüssel und Madrid feierten am Wochenende Tausende das Ende von Coronabeschränkungen. Auch in anderen EU-Ländern wird gelockert. So erleichtert Italien die Einreise für EU-Bürger.
Es sind Bilder, die man schon lang nicht mehr gesehen hat: In Brüssel versammelten sich am Wochenende Tausende Menschen um den beliebten Flagey-Platz. Es wurde getrunken, getanzt und das Ende der Ausgangssperre gefeiert. Zudem dürfen in Belgien seit dem Wochenende Cafés und Restaurants ihre Terrassen öffnen. Ähnliche Szenen spielten sich auch in Spaniens Hauptstadt Madrid ab. Dort feierten vorwiegend junge Leute das Ende des landesweiten Corona-Notstands. Für die Menschen im Land bedeutet das: Sie können innerhalb Spaniens wieder frei reisen. Auch die nächtliche Ausgangsbeschränkung zwischen 23 Uhr nachts und sechs Uhr morgens fällt weg.
In Deutschland wurden die Coronaregeln am Wochenende ebenfalls gelockert – aber nur für vollständig Geimpfte und Genesene. Für sie entfallen die nächtliche Ausgangssperre und die Kontaktbeschränkungen.
Die Lockerungen machen vielerorts Hoffnung auf eine Rückkehr zur Normalität – und auf ein unbeschwertes Reisen im Sommer. So kündigte Italiens Außenminister Luigi Di Maio am Samstag an, dass bereits ab Mitte Mai EU-Urlauber ohne Quarantäne nach Italien einreisen dürfen. Vorausgesetzt, sie sind bereits vollständig geimpft. Zudem soll künftig die Quarantäne von fünf Tagen auch dann wegfallen, wenn Einreisende negativ getestet oder genesen seien.
In den meisten europäischen Staaten sinken tendenziell die Coronazahlen, während die Impfquoten steigen. Ein Anlass für einige Länder, die Coronamaßnahmen zu lockern. In Belgien gibt es keine Ausgangssperre mehr, Spanien beendet seinen landesweiten Notstand. Vielerorts hoffen die Menschen auf mehr Normalität – und auf Reisefreiheit.
Spanien
Volle Straßen und Plätze, überall freudetrunkene Menschen: Am Wochenende feierten in Spanien Zigtausende Menschen das Ende des Corona-Notstands nach sechseinhalb Monaten. Auf der überfüllten Puerta del Sol in Madrid dachten die meisten gegen zwei Uhr am Sonntagmorgen noch nicht daran, ins Bett zu gehen. Auch in Barcelona (Bild) wurde ausgelassen gefeiert.
Ein Großteil der teils sehr strengen Beschränkungen des öffentlichen Lebens waren im einstigen Infektions-Hotspot der EU um Mitternacht ausgelaufen. Dazu gehörte die bisher für das ganze Land zwingend vorgeschriebene nächtliche Ausgehsperre, die nur wenige Regionen noch eine Zeit lang beibehalten wollen. Zudem wurde unter anderem die Abriegelung zahlreicher Regionen beendet, Ein- oder Ausreisen sind nun auch ohne triftigen Grund wieder erlaubt.
Die linke Zentralregierung mahnt unterdessen weiter zur Vorsicht. „Wir müssen alle vorsichtig bleiben, die Pandemie ist noch nicht zu Ende“, sagte Vize-Ministerpräsidentin Carmen Calvo am Samstag. Spanien hatte zeitweilig zu den Ländern mit den höchsten Infektionszahlen in Europa gehört. Die Sieben-Tage-Inzidenz ist inzwischen aber niedriger als etwa in Österreich oder Deutschland, zuletzt betrug sie nur noch 84 Ansteckungen pro 100.000 Einwohner. In einigen Urlaubsregionen wie Valencia (zirka 16) und den Balearen mit
Mallorca (zirka 26) ist die Situation sogar noch entspannter.
Belgien
Gemeinsam mit Freunden ein Bier trinken oder mit Fremden auf der Straße tanzen: Auch in Brüssel haben am Samstag Tausende Menschen das Ende der nächtlichen Corona-Ausgangssperre gefeiert – bis die Polizei in der Nacht zum Sonntag einschritt und zwei Plätze räumte. Besonders auf dem beliebten Flagey-Platz im Viertel Ixelles feierten die Menschen dicht gedrängt, viele trugen keine Maske. Obwohl die Zahlen in Belgien immer noch relativ hoch sind. So liegt die Sieben-Tage-Inzidenz laut Our World in Data bei über 180 Infektionen pro 100.000 Einwohner.
Seit dem 19. Oktober galt in Brüssel eine nächtliche Ausgangssperre von 22 bis 6 Uhr. Seit dem Wochenende dürfen nun wieder Terrassen von Cafés und Restaurants öffnen.
Weiterhin gilt in Belgien aber ein nächtliches Alkoholverbot. Nach 22 Uhr dürfen offiziell nicht mehr als drei Personen auf öffentlichen Plätzen zusammenkommen.
Italien
An den Stränden Italiens liegen bislang vor allem Einheimische – das soll sich nun ändern. Um den Tourismus anzukurbeln, will die Regierung in Rom noch im Mai Einreisen ohne die bisherige Kurz-Quarantäne erlauben. Reisende aus Europa, die vollständig geimpft seien, sollten bereits ab Mitte Mai leichter ins Land kommen, kündigte Italiens Außenminister Luigi Di Maio am Samstag an. Zudem arbeite er gemeinsam mit dem Gesundheitsminister daran, die „Mini-Quarantäne“für EU-Bürger und Reisende aus Großbritannien und Israel abzuschaffen, die negativ getestet, geimpft oder von Covid-19 genesen seien. Wer aktuell nach Italien reist, benötigt einen negativen Test, muss im Land fünf Tage in Quarantäne und danach einen zweiten Coronatest machen.
In Italien waren in den vergangenen Wochen die Coronazahlen gesunken. Aktuell liegt die Sieben-Tage-Inzidenz bei rund 111 Infektionen pro 100.000 Einwohner.
Deutschland
Lockerungen gibt es auch in Deutschland – diese gelten jedoch nur für vollständig Geimpfte und Genesene. Seit Sonntag entfallen für diese beiden Gruppen die Kontaktbeschränkungen, Ausgangssperren und Quarantäneregeln. Das bedeutet, dass Geimpfte und Genesenen sich im privaten Rahmen ohne Einschränkungen mit anderen Geimpften und Genesenen treffen dürfen. Bei Treffen mit Ungeimpften, etwa im Familien- oder Freundeskreis, zählen Geimpfte oder Genesene künftig nicht dazu.
Auch gelten für Genesene und Geimpfte die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen nicht mehr. Nach Reisen müssen sie nur noch in Ausnahmefällen in Quarantäne – etwa wenn sie aus einem Virusvariantengebiet einreisen. Geimpfte und genesene Menschen werden zudem den Negativ-Getesteten gleichgestellt. Das heißt, sie müssen sich beispielsweise vor einem Friseurbesuch nicht mehr auf das Coronavirus testen lassen. Die Pflicht zum Tragen einer Maske an bestimmten Orten sowie das Abstandsgebot im öffentlichen Raum gelten aber weiterhin.
In Deutschland sinken die Coronazahlen. Aktuell liegt die SiebenTage-Inzidenz bei 119 Infektionen pro 100.000 Einwohner. Vor einer Woche lag dieser Wert noch bei 147. Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) warnte angesichts sinkender Infektionszahlen vor Sorglosigkeit und vor zu schnellen Öffnungen.