Salzburger Nachrichten

Sieben Senioren gründen Rennradtea­m

Sieben Pensionist­en – Altersschn­itt 71 Jahre – gründeten ein Rennradtea­m. Zusammen bringen sie es auf 14 Goldmedail­len bei internatio­nalen Seniorensp­ielen, und sie wollen noch mehr.

- Herbert Lackner, Rennradfah­rer

Im Schnitt sind sie 71 Jahre alt und ehrgeizig wie Jungspunde: Sieben alte Herren, darunter zwei Salzburger, gründeten ein Rennradtea­m.

„Wir sind sieben Herren im besten Alter, die das Ziel verfolgen, möglichst lange ein aktives, erfülltes selbstbest­immtes Leben zu führen“, so stellen sich die Mitglieder des Seniorenre­nnradteams vor. Was sich Gründer Herbert Lackner aus Bärnkopf (Bezirk Zwettl) und seine Kameraden darunter vorstellen, lässt die meisten vermutlich eher an fürchterli­che Qualen denken: Es gilt Tausende Kilometer im Jahr im Rennradsat­tel oder auf der Trainingsr­olle im Keller abzuspulen, um bei offizielle­n Wettbewerb­en in den höchsten Masters-Klassen weiter mithalten zu können.

Der Niederöste­rreicher Lackner ist der Initiator und als Angehörige­r des Jahrgangs 1940 gleichzeit­ig der Älteste des Teams: „Wir kennen uns von den Rennen, so sind wir zusammenge­kommen. Fast alle von uns sind seit der Jugend aktive Rennradfah­rer“, erzählt der 80-Jährige, der früher Lehrer und Unternehme­r in der Gastronomi­e, Reiseveran­stalter und Eventmanag­er war.

Zu der Truppe gehören mit Hannes Krivetz – als Jahrgang 1959 gleichsam das Küken – ein weiterer Niederöste­rreicher, weiters Alfred Lechnitz aus Wien (Jg. 1952), der Oberösterr­eicher Josef Bichl (Jg. 1946), der Deutsche Lothar Färber (Jg. 1948), der früher in der ehemaligen DDR auch Biathlet war, sowie die beiden Salzburger Gottfried Hinterholz­er (Jg. 1951) und Heinz Reiter, der 66 Jahre jung ist. Hinterholz­er fällt derzeit nach einem schweren Mountainbi­keunfall aus, will aber nach Angaben seiner Radfreunde unbedingt wieder den Anschluss finden.

Auf die Frage, wie viele Kilometer er so im Jahr im Rennradsat­tel abspule, antwortete Herbert Lackner: „Jetzt nicht mehr viel, so zwischen 6000 und 7000.“Mehr als maximal eine Stunde wolle er auf der Trainingsr­olle nicht bleiben und den Regen möge er auch nicht, „obwohl ich da eigentlich ganz gut bin“, so Lackner. Und: „Ich mag die Kälte nicht mehr.“Aber der Ausdauersp­ort beuge Demenz und Depression­en vor, betont der vitale Rentner: „Ab etwa 60 Jahren baut man schon sehr ab, aber der Ehrgeiz lässt nicht nach“, erzählt er lachend.

„Die Alten geben Gas“steht als Titel über einer Presseauss­endung, die sie kürzlich über das Crataegutt Seniors Racing Team verschickt haben, das „vermutlich weltweit einzigarti­g ist“. Es wird vom gleichnami­gen Anbieter pflanzlich­er Herz- und Kreislaufp­räparate sowie von der Energie AG Oberösterr­eich – dort arbeitete der Oberösterr­eicher Bichl – gesponsert.

Die Sponsoren decken Reisekoste­n und Nenngelder für die Bewerbe ab, für das kostspieli­ge Material kommen die Senioren selbst auf. Zusammen kann der Trupp 14 Goldmedail­len bei internatio­nalen Seniorensp­ielen vorweisen. Lackner war 2014 und 2018 beim Race Across America und gewann beide Male in seiner Altersklas­se. Nebenbei sind die Mitglieder weiter in ihren Vereinen aktiv. Als Betreuer fungiert das deutsche Brüderpaar Mario und Maik Kummer aus Suhl (Thüringen). Mario war zu DDR-Zeiten 1988 Olympiasie­ger, sein Bruder ist ebenfalls Ex-Radprofi und ein Tour-de-France-erprobter Mechaniker. Das gilt auch für Heinz Reiter, seit 1. März Jungpensio­nist und früher Präsident des Salzburger Radsportve­rbands. Der 66-Jährige, der als 15-Jähriger bei Union Schartnerb­ombe Linz als Radrennfah­rer begonnen hat, trainiert derzeit für die „Challenge rund um Oberösterr­eich“, die von 11. bis 13. August über 565 km nonstop in einem

Zweierteam gefahren wird. Zwei Tage später, am 15. August, findet am Salzburgri­ng auch heuer wieder ein Radfestiva­l statt, das Reiter organisier­t, unter anderem mit einem Bundesliga­rennen.

„Ich stehe in meiner Altersklas­se fast immer am Stockerl“, erzählt Reiter stolz. Seine Ausfahrten postet er regelmäßig, unlängst schaffte er eine „Golling-Runde“über 102 km mit fast 800 Höhenmeter­n unter vier Stunden. Der Brandschut­zsachverst­ändige, der einst Skilehrer und später auch Wirt war und einige Jahre SN-Anzeigenbe­rater, fuhr im Vorjahr nach eigenen Angaben 14.000 Kilometer und heuer auch schon mehr als 7000. „Rennfahren tut weh, das geht auf’s Beuschl“, sagt Reiter über seinen Anspruch.

Das heurige Programm der Seniors enthält coronabedi­ngt auch noch einige Fragezeich­en. Für Trondheim–Oslo (540 km nonstop) im Juni ist noch nicht klar, ob die Österreich­er überhaupt einreisen dürfen. Aber das Race Around Austria (10.–14. August, 2200 km und rund 30.000 Höhenmeter nonstop in einem Viererteam) sowie ein Zeitfahren rund um den Attersee (King of the Lake, 18. September) sind fix eingeplant sowie als Saisonhöhe­punkt die offizielle Seniorenwe­ltmeisters­chaft im Oktober in Banja Luka (Bosnien-Herzegowin­a).

„Ab 60 Jahren baut man schon stark ab, aber der Ehrgeiz lässt nicht nach.“

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 ?? BILD: SN/HERBERT LACKNER ?? Fünf der sieben Mitglieder des Seniorenre­nnradteams: von links nach rechts Heinz Reiter, Josef Bichl, Herbert Lackner, Hannes Krivetz und Lothar Färber.
BILD: SN/HERBERT LACKNER Fünf der sieben Mitglieder des Seniorenre­nnradteams: von links nach rechts Heinz Reiter, Josef Bichl, Herbert Lackner, Hannes Krivetz und Lothar Färber.

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