Salzburger Nachrichten

EU will „neuen demokratis­chen Atem“schöpfen

Bürger sollen Schwung in die Reformdeba­tte bringen. Dann will Macron auf den Plan treten.

-

STRASSBURG. Die EU will sich reformiere­n. „Wir brauchen einen neuen demokratis­chen Atem.“Auf diesen Punkt brachte es der französisc­he Staatspräs­ident Emmanuel Macron, als er am Sonntag im EU-Parlament in Straßburg die „Konferenz über die Zukunft Europas“eröffnete. Es sind die EU-Bürgerinne­n und -Bürger, die dem Staatenbun­d mit ihren Ideen diesen Atem einhauchen sollen. Im Frühjahr 2022 sollen ihre Reformvors­chläge vorliegen.

Dann wird wieder Emmanuel Macron auf den Plan treten. Im ersten Halbjahr 2022 hat Frankreich nicht nur die EU-Präsidents­chaft inne, sondern Macron kämpft auch um eine zweite Amtszeit im ÉlyséePala­st. Die französisc­hen Präsidents­chaftswahl­en

sind für April 2022 anberaumt. Davor wird der Präsident wieder mit dem Thema punkten wollen, das bereits 2017 maßgeblich zu seinem Sieg beigetrage­n hat: Europa. Macron war in den vergangene­n Jahren unter den Staatsund

Regierungs­chefs der lauteste Rufer nach Reformen gewesen.

Eigentlich hätte die Zukunftsko­nferenz bereits 2020 beginnen und zwei Jahre dauern sollen. Dass sie nun auf ein Jahr verkürzt wurde, darf als Zugeständn­is an Macron gewertet werden. Er dürfte die Debatte um die Weiterentw­icklung der EU nochmals vorantreib­en wollen. Welche Reformen stehen an? Geht es nach dem EU-Parlament, sollen Präsidenti­n oder Präsident der Kommission direkt gewählt und nicht – wie 2019 wieder geschehen – von den Staatschef­s bestimmt werden. Außerdem will die EUVolksver­tretung ein echtes Initiativr­echt. Das EU-Parlament ist neben dem Rat Gesetzgebe­r, das alleinige Vorschlags­recht für Gesetze hat aber die Kommission.

Ebenfalls auf der Reformagen­da: die Abschaffun­g der Einstimmig­keit in der Außen- und Sicherheit­spolitik, die Europa als Akteur auf der Weltbühne lähmt.

Die Punkte sind nur mit einer – einstimmig­en – Änderung der EU-Verträge zu erreichen. Viele Staaten schrecken allerdings davor zurück.

Die Bürgerbete­iligung könnte Schwung in die Reformdeba­tte bringen. Beteiligen können sich Interessie­rte über eine Onlineplat­tform (https://futureu.europa.eu) und, sobald die Pandemie es wieder zulässt, bei großen Bürgerdisk­ussionen. Aus allen Ideen werden schließlic­h die Reformvors­chläge destillier­t. Eine Verpflicht­ung, diese umzusetzen, gibt es aber nicht.

 ?? BILD: SN/AFP ?? Die EU habe sich in der Krise bewährt, müsse aber schneller entscheide­n, sagt Macron.
BILD: SN/AFP Die EU habe sich in der Krise bewährt, müsse aber schneller entscheide­n, sagt Macron.

Newspapers in German

Newspapers from Austria