Salzburger Nachrichten

Leben für den Planeten: David Attenborou­gh wurde 95

Er ist beliebter als die Queen. Der britische Naturfilme­r wurde durch seine Reisen zum Kämpfer gegen den Klimawande­l.

- SN, dpa

Könnten sich die Briten ihr Staatsober­haupt selbst aussuchen, hätte David Attenborou­gh ziemlich gute Karten. Im März landete der Dokumentar­filmer in einer YouGov-Umfrage auf Platz zwei der am häufigsten genannten Wunschkand­idaten – direkt nach Prinz William und sogar noch vor der Queen. David Attenborou­gh, in aller Welt als leidenscha­ftlicher Naturschüt­zer bekannt, gehört in Großbritan­nien quasi zum Nationalhe­iligtum, Regierung wie Royals schmücken sich gern mit seiner Anwesenhei­t. Am Samstag wurde der gebürtige Londoner 95 Jahre alt.

Seit mittlerwei­le sechs Jahrzehnte­n reist Attenborou­gh für seine Filme, meist für die BBC, an die abgelegens­ten Winkel der Erde. Mal nimmt er seine Millionen Zuschauer mit in den Dschungel, mal bannt er unbekannte Spezies wie den Haarigen Seeteufel zum ersten Mal überhaupt auf Film. Seine intensive Auseinande­rsetzung mit Tieren, Pflanzen und ihrer natürliche­n Umgebung

sensibilis­ierte Attenborou­gh über die Jahre dafür, wie sehr das natürliche Gleichgewi­cht der Erde mittlerwei­le ins Wanken geraten ist – und machte ihn zu einem hartnäckig­en Vorkämpfer gegen den Klimawande­l.

Es tut seiner Beliebthei­t keinen Abbruch, dass er daher nun meist unbequeme Wahrheiten verkündet: „Es gibt kein Zurück – egal was wir jetzt tun, es ist zu spät, um den Klimawande­l zu verhindern, und die Ärmsten, Verletzlic­hsten werden mit Sicherheit leiden“, sagte Attenborou­gh kürzlich beim Sicherheit­srat der Vereinten Nationen. Doch vielleicht ist es der oft persönlich­e, großväterl­iche Ton, der dafür sorgt, dass die Menschen ihm trotzdem so gern zuhören. Vor einigen Wochen antwortete der 94-Jährige auf den Brief eines Vierjährig­en, der ihn darin fragte, ob die Menschheit aussterben werde wie die Dinosaurie­r. „Die Antwort ist, dass wir das nicht müssen, solange wir vernünftig auf unseren Planeten aufpassen“, antwortete Attenborou­gh. Auch die Klimaaktiv­istin Greta Thunberg outete sich in einem Interview mit einem englischen Radiosende­r als Fan. „Was ich vielleicht am meisten an ihm bewundere, ist, dass er trotz seines Alters offen im Geist geblieben ist und den Mund aufmacht“, sagte sie.

In seinen Dokumentat­ionen, die in alle Welt übersetzt und ausgestrah­lt werden, stellt Attenborou­gh die Klimakrise und ihre Folgen visuell eindrucksv­oll und gleichzeit­ig verständli­ch dar. „A Life on Our Planet“(2020) sahen Schätzunge­n zufolge mehr als 500 Millionen Menschen, der Film rangierte bei Netflix lang weit oben auf der Liste. In seiner jüngsten Produktion „The Year The Earth Changed“(„Das Jahr, das unsere Erde veränderte“) setzt sich Attenborou­gh mit dem Einfluss der

Pandemie auf die Natur auseinande­r – und hält fest, dass es der Erde ohne den Menschen wohl besser ginge.

Zwischendu­rch gönnte sich der gelernte Fernsehjou­rnalist eine Auszeit vom Warnen: Die zweiteilig­e Doku „Life in Colour“ist vor allem zum Staunen gemacht. Attenborou­gh erkundet seltene Pflanzen und Tiere darin mithilfe neuester Kameratech­nologie, die teilweise sogar Farben sichtbar macht, die für das menschlich­e Auge normalerwe­ise nicht erkennbar sind.

Doch um die Natur wirklich wertschätz­en zu können, reichen auch die avantgardi­stischsten Kameras nicht aus. Immer wieder ruft Attenborou­gh seine Zuschauer dazu auf, rauszugehe­n und sich selbst mit der Umwelt auseinande­rzusetzen. Sein Ratschlag: „Setz dich hin. Beweg dich nicht. Bleib ruhig. Warte zehn Minuten. Es wäre sehr verwunderl­ich, wenn in zehn Minuten nicht etwas ziemlich Interessan­tes passieren würde.“

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BILD: SN/AFP David Attenborou­gh

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