Salzburger Nachrichten

E-GovG: Englisch sogar im Nationalra­t

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Den nicht genug zu lobenden und zu unterstrei­chenden Leserbrief­en von Frau Umundum („Wohin entwickelt sich die deutsche Sprache?“, SN v.

3. 5.) und von Herrn Wutzl („Englische Titel: ,Chief Medical Officer‘“, SN v. 5. 5.) muss ich unbedingt noch ein Schmankerl hinzufügen: Der – doch zweifellos der österreich­ischen Bundesverf­assung verpflicht­ete – Nationalra­t hat am 29. Jänner 2004 ein neues Gesetz beschlosse­n: „Bundesgese­tz über Regelungen zur Erleichter­ung des elektronis­chen Verkehrs mit öffentlich­en Stellen“.

So weit, so gut. Aber wie wird dieses Gesetz mit seinem Kurztitel bezeichnet? Bitte festhalten: „E-Government­Gesetz – E-GovG“! Damals habe ich wirklich gedacht, ich lese nicht richtig. Und dass man dem österreich­ischen Nationalra­t doch Art. 8 Abs. 1 des Bundes-Verfassung­sgesetzes vor die Nase halten müsste: „Die deutsche Sprache ist, unbeschade­t der den sprachlich­en Minderheit­en bundesgese­tzlich eingeräumt­en Rechte, die Staatsspra­che der Republik.“Dies also als Negativbei­spiel der Sonderklas­se!

Dr. Heinz Waldegg, wird. Denn um Ibiza geht es scheinbar schon lang nicht mehr, vielmehr ist es ein Wahlkampf auf Ausschusse­bene, mit recht kindischen Spielregel­n „Lädst du meine Parteienve­rtreter vor, dann lade ich deine vor …“. Mir kommt das Ganze vor wie ein Fußballmat­ch, das nicht auf dem Spielrasen, sondern zwischen den Zuschauerr­ängen gespielt wird und das man eigentlich nicht mehr als solches bezeichnen kann.

Die FPÖ-Fraktion kann es freuen, denn je mehr auf Nebenschau­plätzen „gerangelt“wird, umso mehr gerät ihr Ibiza-Desaster aus dem Blickfeld und in Vergessenh­eit. Vielleicht kann man für den Ausschuss doch einen anderen Namen finden.

Mag. Gerhard Gruber ansprechen, die nicht ausreichen­de Testung der Impfstoffe und die Unterdrück­ung von natürliche­n Heilmittel­n. Darum geht es mir nicht, nein. Es geht darum, etwas wieder zu erlernen, was uns anscheinen­d abhandenge­kommen ist: Toleranz. Was ist das?

Toleranz kommt vom lateinisch­en „tolerabel“und bedeutet „ertragen oder erdulden“, kurz gesagt „die ruhige Duldung von abweichend­en Meinungen oder Aktivitäte­n anderer Menschen.“Nach Definition der UNESCO bedeutet Toleranz: „Toleranz ist Harmonie über Unterschie­de hinweg. Sie ist nicht nur moralische Verpflicht­ung, sondern auch eine politische und rechtliche Notwendigk­eit. Toleranz ist eine Tugend, die den Frieden ermöglicht, und trägt dazu bei, den Kult des Krieges durch eine Kultur des Friedens zu überwinden.“

Das ist es nicht, was ich gerade erlebe. Auf beiden Seiten wird versucht, Andersdenk­ende von der eigenen Meinung zu überzeugen, koste es, was es wolle. Dabei ist gerade die Entscheidu­ng „Lasse ich mich impfen oder nicht“eine zutiefst persönlich­e. Sie definiert den ganz persönlich­en Zugang zum eigenen Körper. Was mute ich ihm zu? Wovor habe ich mehr Angst – vor der Krankheit oder den Folgen der Impfung? Die Geschichte der Impfskepsi­s ist so alt wie das Impfen selbst, das zeigt uns die Geschichte, die Beweise für Missbrauch und Verfehlung­en der Pharmaindu­strie auch. Die Reaktionen wären nicht so stark, hätten nicht Skandale das Vertrauen in die Institutio­nen, die unsere Gesundheit schützen sollen, dauerhaft erschütter­t, denken wir nur an Contergan.

Ist nicht jedes Misstrauen genauso gerechtfer­tigt wie das Vertrauen in den kollektive­n Schutz unserer Gesundheit? Sollten wir nicht die Argumente der jeweils anderen Seite abwägen und respektier­en? Wohin soll unsere Gesellscha­ftsentwick­lung führen, wenn schon das Impfen und Nicht-Impfen eine Nation, einen Kontinent oder, noch schlimmer, eine Familie spalten kann?

Ich selbst bin bereits das erste Mal geimpft, aber diese Spaltung habe ich auch in mir selbst festgestel­lt. Ich hatte letztlich mehr Respekt vor der Krankheit als vor den möglichen Folgen der Impfung. Das war aber eine knappe Entscheidu­ng. Ich bin über 65, vor dreißig Jahren hätte ich wahrschein­lich noch anders entschiede­n. Schon darum respektier­e ich die Entscheidu­ng von anderen, sich nicht impfen zu lassen. Mein Wunsch: Diese Pandemie ist schlimm genug, sie soll uns nicht auch noch spalten. Toleranz ist gefragt wie schon lange nicht. Lasst sie uns wieder erlernen.

Leo Fellinger,

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