Als der Hochsprung-Weltrekordler in Oberndorf war
Es war kein Leichtathletik-Meeting, das den sowjetischen Weltrekordler im Hochsprung, Wladimir Jaschtschenko, im Frühjahr 1981 nach Oberndorf führte. Es war eine dringend notwendige Knieoperation, der er sich bei Edgar Baumgartl unterzog. Der Arzt hatte damals einen europaweiten Bekanntheitsgrad. Im Jahr 1974 war im dritten Obergeschoß des Spitals eine Unfallchirurgische Station des Landeskrankenhauses eingerichtet worden. Diese „Dependance“wurde in der Kollegenschaft als Fehlschlag eingestuft – alle wurden jedoch eines Besseren belehrt. Das war dem Unfallchirurgen und Orthopäden Edgar Baumgartl zu verdanken, der sein Fachwissen samt notwendiger Adaption geschickt in die Sportmedizin eingliederte: Das Sportunfallzentrum war geboren. Die 40-Betten-Station platzte bald aus allen Nähten, die Auslastung kletterte auf bis zu 112 Prozent, 2500 Erstuntersuchungen
jährlich standen im Terminkalender.
1977 wurde Baumgartl Primar und Chef, die Türen wurden ihm geradezu eingerannt, wenn es hieß, „da ist etwas gebrochen, dort etwas gerissen“. Als langjähriger ÖSV-Arzt hatte sich Baumgartl einen guten Ruf erarbeitet und so wanderte die Sportprominenz vieler Länder in hellen Scharen ins Flachgauer Spital. Praktisch jeder verunfallte Skispringer, von Toni Innauer und Alois Lipburger bis zu Norwegens Johan Saetre, landete auf dem Oberndorfer OPTisch, dazu die alpinen Asse, die österreichischen Ringer (deren Präsident der Mediziner für ein Jahr war), Judoka, Boxer, Eishockey-Spieler, Wasserspringer Niki Stajkovic, ganze Kompanien von Fußballern. Über zehn Jahre war Baumgartl auch Arzt bei Austria Salzburg.
Die Überraschung vor 40 Jahren war groß, als der Hochsprung-Weltrekordmann, Europameister und „Europas Sportler des Jahres 1978“um einen Operationstermin anfragte: Der in der Ukraine geborene UdSSRSportler hatte von Oberndorf gehört, als er in Wien HallenEuropameister wurde. Da zwickte das Knie schon und ein erster Eingriff in Moskau brachte keine Besserung. Jaschtschenko wollte seine Bestleistung von 2,35 m aber weiter steigern und als erster Mensch die 2,40 m überqueren – also Oberndorf. Baumgartl gelang die „Reparatur“und reiste ein paar Wochen später zu einem weiteren Eingriff samt Nachbehandlung nach Moskau. Jaschtschenko sprang wieder, die 2,40 m blieben ihm aber verwehrt, sein Landsmann Rudolf Powarnizyn schaffte sie im August 1985. Jaschtschenko verfiel dem Alkohol und starb 1999 mit 40 Jahren. Edgar Baumgartl war sieben Jahre zuvor verstorben.