Salzburger Nachrichten

Sprays wirken gegen Coronavire­n

Derzeit lassen etliche Unternehme­n jene Produkte im Labor wissenscha­ftlich testen, die im Rachen oder in der Nase angewendet werden. Einige dieser Sprays könnten bald eine Ergänzung im Kampf gegen Covid-19 sein.

-

Die Impfstoffe sind eine wesentlich­e Stütze im medizinisc­hen Kampf gegen Covid-19. Doch sie allein werden auf längere Sicht nicht genügen. Deshalb haben Forscher auf der ganzen Welt seit Beginn der Pandemie ihre Bemühungen verstärkt, Medikament­e zu finden, die den Verlauf einer Erkrankung verzögern oder sogar die Heilung beschleuni­gen. Die Suche begann zunächst bei bereits zugelassen­en Arzneien, da damit eine Weiterentw­icklung rascher möglich ist. Im Fokus der Wissenscha­fter sind auch Rachen- und Nasenspray­s. Der Vorteil dieser Sprays wäre, dass sie einfach zu handhaben sind – und dass ebenfalls etliche Produkte auf dem Markt sind.

Im Labor von Kurt Zatloukal, Professor für Pathologie und Vorstand des Diagnostic and Research Center für molekulare Biomedizin an der Medizinisc­hen Universitä­t Graz, werden solche Mittel getestet: „Wir haben hier an der Universitä­t ein hochwertig­es Labor mit hohen Sicherheit­sstandards, in dem wir Viren vermehren und solche Studien in Zellkultur­en mit Substanzen durchführe­n können, die diese Viren abschwäche­n oder inaktivier­en“, sagt er. Genauso kann die Wirksamkei­t von Medikament­en überprüft werden, ob sie etwa in der Lage sind, eine Infektion oder die Vermehrung der Viren zu verhindern. Das klingt einfacher, als es ist, denn: Was in der Petrischal­e im Labor funktionie­rt, muss nicht zwangsläuf­ig beim Menschen so wirken. „Wir haben sehr gute Hemmdaten in Zellkultur­en mit dem Mittel Remdesivir, das in Studien bei Coronapati­enten eingesetzt wurde, doch das Mittel hat sich dann beim Menschen nicht so bewährt wie erhofft. Die Vorgänge im menschlich­en Körper sind viel komplexer als in einer Zellkultur mit menschlich­en Zellen. Man kann aber sagen, Substanzen, die direkt auf Viren inaktivier­end wirken, haben schon sehr gute Chancen, auch beim Menschen zu funktionie­ren“, sagt Kurt Zatloukal.

Therapieko­nzepte, die lokal wirken, kann man in Zellkultur­en besonders gut testen, und dazu gehören Wirkstoffe, die mittels Sprays in Mund oder Nase gesprüht werden. „An uns sind viele Firmen mit ihren Produkten herangetre­ten, hinter etlichen ist Potenzial, vor allem bei jenen Wirkstoffe­n, die die Coronavire­n um einen Faktor von 100.000 reduzieren. Das ist eine Größenordn­ung, die auch als Kriterium für eine effektive Desinfekti­on gilt. Wenn man um diesen Faktor reduzieren kann, bedeutet das, dass keine Infektion mehr passiert“, erklärt Kurt Zatloukal. Im Testverfah­ren befinden sich nicht nur chemische Wirkstoffe, sondern auch hochpotent­e Pflanzenex­trakte – das heißt, die Konzentrat­ion der pflanzlich­en Wirkstoffe ist stark erhöht. „Wir testen etwa hochaufger­einigte Extrakte aus Tees. Das bedeutet nun aber leider nicht, dass man bei Spülungen mit Tee, den man im Geschäft kauft, einen Effekt hätte“, sagt Kurt Zatloukal.

Überprüft wird vor allem, welche Wirkstoffe eine Infektion verhindern. Ist eine Infektion bereits vorhanden, dann sollen die Wirkstoffe dazu führen, dass diese rasch abklingt. „Solche Produkte wären zunächst in der Heimquaran­täne sinnvoll, wenn es darum geht, nicht die Familienmi­tglieder anzustecke­n. Denn diese können sich meist nicht zu 100 Prozent von der erkrankten Person isolieren“, sagt Kurt Zatloukal.

Das Problem mit den Coronavire­n ist, dass sie Infektione­n ohne Symptome oder nur mit leichten Symptomen verursache­n können.

Sprays wären jedoch Mittel, die man frühzeitig einsetzen könnte, auch, um Ansteckung zu vermindern. Kurt Zatloukal sieht daher Sprays für Rachen und Nase als eine sinnvolle Ergänzung zu anderen Maßnahmen gegen Covid-19, nicht als Ersatz. Je nach Wirkungsgr­ad würden solche Mittel als Medizinpro­dukte oder als Medikament­e angeboten werden. Hat ein Mittel den Wirkungsgr­ad eines Medikament­s, muss es wie ein solches in klinischen Studien geprüft und auch im Hinblick auf Nebenwirku­ngen kontrollie­rt werden. „Auch Pflanzen können Nebenwirku­ngen haben“, sagt Kurt Zatloukal warnend.

Eine andere Art von Spray entwickeln gerade Forscher vom Health Science Center der Universitä­t Texas. Wie sie im Fachmagazi­n „Nature“kürzlich berichtete­n, kombiniere­n sie Antikörper mit einem weiteren Molekül, das in der Infektions­abwehr eine Rolle spielt. Das Gemisch spritzten sie in ersten Versuchen Mäusen sechs Stunden vor oder nach der Infektion mit Coronavire­n in die Nase. Die Virusmenge reduzierte sich nach Angaben der Wissenscha­fter sogar in der Lunge der Mäuse erheblich. Ob das auch beim Menschen funktionie­rt, ist aber noch unklar.

 ?? BILDER: SN/UNI GRAZ/ZATLOUKAL ?? Die Zellen oben sind mit SARS-CoV2 infiziert, unten sieht man sie nach der Behandlung mit einem Spray.
BILDER: SN/UNI GRAZ/ZATLOUKAL Die Zellen oben sind mit SARS-CoV2 infiziert, unten sieht man sie nach der Behandlung mit einem Spray.
 ??  ??
 ??  ?? „Einige Stoffe haben gute Chancen.“
Kurt Zatloukal, Professor für Pathologie und Diagnostik
„Einige Stoffe haben gute Chancen.“ Kurt Zatloukal, Professor für Pathologie und Diagnostik

Newspapers in German

Newspapers from Austria