Salzburger Nachrichten

Der blutige Zerfall Jugoslawie­ns

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Das kommunisti­sche Jugoslawie­n wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet und bestand bis 1991 mit den Teilrepubl­iken Slowenien, Kroatien, Serbien, Bosnien, Montenegro und Mazedonien. Außerdem zählten die autonomen Provinzen Vojvodina und Kosovo dazu.

Am 25. Juni 1991 erklärten sich die Teilrepubl­iken Slowenien und Kroatien für unabhängig. Für die Teilrepubl­ik Serbien war das nicht hinnehmbar. Präsident Slobodan Milošević ließ die Panzer der Jugoslawis­chen Volksarmee (JNA) anrücken. Zehn Tage dauerte der Krieg in Slowenien, in dem 74 Menschen starben.

In der Folge breitete sich die Gewalt fast auf das ganze Gebiet des ehemaligen Jugoslawie­n aus. Der Kroatien-Krieg dauerte von 1991 bis 1995, der BosnienKri­eg von 1992 bis 1995 und der Kosovo-Krieg von 1998 bis 1999. Mehr als 100.000 Menschen kamen ums Leben.

Staat sei ein „hinkendes Gebilde“hinsichtli­ch Demokratie, sagt Inzko. Minderheit­en dürfen für viele Positionen nicht kandidiere­n und Bosniaken, Kroaten oder Serben nur, wenn sie in der „richtigen“Landeshälf­te geboren wurden, als Bosniake etwa in der Republika Srpska.

Positiv sieht der Diplomat das Zusammenle­ben im Alltag. „Auf unterster Ebene funktionie­rt es gut, je höher man in der Politik kommt, desto schlechter. Politiker leben von den Unterschie­den, es gibt aber so viel Gemeinsame­s“, sagt Inzko.

Das große Gemeinsame, die Vergangenh­eit im Vielvölker­staat, wird heute in der Region unterschie­dlich gesehen. Die Mehrheit wertet den Zerfall Jugoslawie­ns laut Umfragen, die vor einigen Jahren gemacht wurden, als Schaden für das eigene Land. Dabei gehe es nicht um Jugoslawie­n-Nostalgie, sagt Politologe Bieber. „Tatsächlic­h hat es Jahrzehnte gedauert, nach dem Zerfall wieder auf den Lebensstan­dard der späten 1980er zu kommen.“Vorteilhaf­t sehen nur Kosovaren und Kroaten den Zerfall. Die Kosovaren, weil sie in Jugoslawie­n immer in der schwächste­n wirtschaft­lichen Position waren und Albaner diskrimini­ert wurden. Die Kroaten, weil im dortigen Krieg „die jugoslawis­che Armee noch unter dieser Bezeichnun­g kämpfte“, erklärt Bieber.

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