Ausgewertete Twitter-Daten können bei Covid-19 helfen
Salzburger Geoinformatiker betreiben bereits seit Jahren eine Big-Data-Analyse, um humanitäre Hilfe zu forcieren.
SALZBURG. Ob Twitter oder Facebook, TikTok oder Snapchat: Weltweit tummeln sich rund 3,8 Milliarden Menschen in den sozialen Medien – das ist fast die Hälfte der Weltbevölkerung. „Diese Menschen produzieren eine unglaubliche Datenmenge, die wir sinnvoll nutzen wollen, um Menschen in kritischen Situationen aller Art so schnell wie möglich zu helfen“, sagt der 29-jährige Clemens Havas vom Fachbereich Geoinformatik der Paris-Lodron-Universität Salzburg.
Der Jungwissenschafter beschäftigt sich in seiner Doktorarbeit vorwiegend mit der Analyse von Twitter-Daten. Aus Milliarden von Daten filtert er mithilfe von künstlicher Intelligenz wichtige Informationen heraus, um diverse Organisationen
bei humanitärer Hilfe – etwa bei der Covid-19-Pandemie, bei Naturkatastrophen oder beim Flüchtlingsmanagement – zu unterstützen. „Meine Aufgabe ist es, aus den Daten die relevanten herauszufinden, entsprechende Algorithmen zu erstellen und diese in einem Computerprogramm umzusetzen“, erläutertet Havas. Dazu benutzt er offizielle Schnittstellen, die Twitter bereitstellt. Der Datenschutz bleibt dabei gewahrt. „Wir analysieren keine Daten von einzelnen Personen, es geht um das große Ganze, um Datenmengen.“
Aktuell steht etwa die Analyse von raum- und zeitbezogenen Daten zu Covid-19-Fällen in Deutschland, Österreich, der Schweiz oder auch in den USA im Fokus. „Wir legen dabei unser Hauptaugenmerk auf jene Gebiete, wo besonders viel Aktivität stattfindet, also die Menschen besonders viel zu Covid-19 posten“, sagt Havas. Die Grundvoraussetzung der Wissenschafter: Personen in betroffenen Gebieten posten mehr als Personen in nicht betroffenen Gebieten. Aus den ausgewerteten Daten haben die Salzburger Geoinformatiker räumliche Cluster in Form von Landkarten erstellt. Diese zeigten auf, wo die Aktivität besonders hoch und niedrig war: „Mithilfe von vergleichbaren Analysen haben wir herausgefunden, dass wir richtiglagen, denn unsere Resultate stimmten in vielen Fällen mit der tatsächlichen Ausbreitung
der Pandemie überein.“
Besonders eng arbeitet das Team mit der Harvard Medical School zusammen. Mit dem US-Partner haben die Salzburger Wissenschafter erforscht, dass Twitter-Daten zur Früherkennung für den Anstieg von Covid-19-Fällen verwendet werden können.
Ein anderes Anwendungsgebiet sind Naturkatastrophen. Auch hier werden Monitoring-Programme immer wichtiger, um Schäden entgegenzuwirken. Durch die Geodatenanalyse kann den Zivilbehörden eine räumliche Ansicht der Katastrophe bereitgestellt werden. „Aufgrund unserer Hotspot-Analysen können wir von Katastrophen besonders stark betroffene Gebiete herausfiltern und diese Informationen schnell an Behörden weitergeben“, sagt Havas, der seit 2016 in diesem Bereich forscht.
Die Forschungsprojekte werden als Serviceleistung für Hilfsorganisationen und NGOs angeboten. Clemens Havas will auch nach seinem Doktorat in diesem Metier tätig sein: „Es gibt schon neue Projekte.“