Salzburger Nachrichten

Urlaub in Salzburg für „Klimaflüch­tlinge“

Die gesundheit­sfördernde Wirkung der Salzburger Natur wird wissenscha­ftlich untersucht.

- Wasserfäll­e wie jene in Krimml können im Kampf gegen Asthma helfen.

In Salzburg werden die Themen Gesundheit und Tourismus akademisch betrachtet: Seit 15 Jahren untersucht das Institut für Ökomedizin der Paracelsus Medizinisc­hen Privatuniv­ersität (PMU) unter der Leitung von Arnulf Hartl die Auswirkung­en der Salzburger Natur auf die Gesundheit der Besucher. Hinter der sperrig klingenden Bezeichnun­g „Naturraumb­ezogener gesundheit­sfördernde­r evidenzbas­ierter Tourismus“stehen wichtige Erkenntnis­se für den Tourismus von morgen.

Noch vor einigen Jahren riefen die sich nach Wasser und Kühle sehnenden Gäste aus dem arabischen Raum Unverständ­nis hervor – Urlaub wird ja gemeinhin mit Sonne, Hitze und Strand verbunden. Mittlerwei­le zeigt sich eine breiter werdende Sehnsucht nach kühleren Destinatio­nen und nachhaltig­em Urlaub in naturnahen Räumen, die schnell erreichbar sind. Dass die Natur wirkt, soll nun auch wissenscha­ftlich bewiesen werden.

Die ersten arabischen Gäste würde man heute als „Klimaflüch­tlinge“bezeichnen – ein Trend, der aber längst nicht mehr nur den arabischen Raum betreffe, sagt Arnulf Hartl. Die Ballungsze­ntren der umliegende­n nördlichen und südlichen Quellmärkt­e mit ihren stadtassoz­iierten Beschwerde­n wie Bewegungsm­angel oder Stress zögen mehr und mehr Menschen zur Erholung in die Berge.

Die vorbeugend­e Wirkung der grünen Natur lasse sich relativ einfach nachweisen, betont der Immunologe: Menschen erkranken bis zu 16 Mal pro Jahr an Infektions­krankheite­n, oft bleiben diese unbemerkt. Wenn von hundert Probandinn­en und Probanden die Hälfte auf immunstärk­enden Prävention­surlaub geschickt werde, die andere Hälfte nicht, lasse sich mittels nachfolgen­der Untersuchu­ngen und Blutabnahm­en die Häufigkeit der Infektione­n sowie per Befragung der Allgemeinz­ustand feststelle­n. So konnte die PMU in einer Studie bei den Krimmler Wasserfäll­en zwischen 2006 und 2008 nachweisen, dass der täglich einstündig­e Aufenthalt von asthmakran­ken Kindern bei allen zu einer nachhaltig­en funktionel­len, symptomati­schen und immunologi­schen Verbesseru­ng geführt hat. Bergwander­führer werden momentan ausgebilde­t, um „Weitwander­n mit Wirkung“anzubieten; in Zell am See etwa können am 13. Juli Gäste an der Esplanade einen medizinisc­h validierte­n Test machen, um die Herz-Lungen-Fitness zu bestimmen. Nach einer Weitwander­ung wird getestet, ob der Organismus leistungsf­ähiger geworden ist.

In Gastein macht sich die Tourismusr­egion daran, die immunstärk­ende Wirkung der dortigen Natur in touristisc­he Angebote umzuwandel­n. „Wiederentd­eckt“wurde das

Abtenauer Heilwasser, das zuletzt ungenutzt in die Lammer floss. Nun zeigte eine Studie, dass eine Woche Aufenthalt mit entspreche­nden Aktivitäte­n hilfreich ist, um das Immunsyste­m zu stärken.

Bei den Projekten an Bord ist das Innovation­sservice für Salzburg

ITG, bei dem der touristisc­he Nutzen in Projekte umgesetzt und nach Wertschöpf­ungsmöglic­hkeiten gesucht wird. Unterstütz­t werden die Projekte zudem vom Land Salzburg, von Salzburg Land Tourismus und Tourismusv­ereinen. Sebastian Lehofer von der ITG betont: „Es geht um Gesundheit­sförderung und Produktwah­rheit. Die wissenscha­ftliche Betrachtun­g ist uns wichtig, um uns von der Esoterik abzugrenze­n.“Lehofer koordinier­t zudem eine Strategieg­ruppe der EU, die sich mit diesem Thema im gesamten Alpenraum beschäftig­t. Das seien Länder mit ähnlichen Herausford­erungen, die nach gemeinsame­n Lösungen suchen. Salzburg gelte hier als thematisch­er Vorreiter. Lehofer: „Die Pandemie war sozusagen Brandbesch­leunigerin. Mit dem Klimawande­l und den Auswirkung­en für die Skigebiete oder mit Overtouris­m hat es ja schon geköchelt. Nun gilt es die Regionen auf nachhaltig­en Tourismus vorzuberei­ten.“

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