Salzburger Nachrichten

Ein Elfmetersc­hießen würde mich nicht überrasche­n

Es ist erfreulich, dass es im Achtelfina­le den Klassiker England gegen Deutschlan­d gibt. Dieses Spiel begeistert jeden.

- Adi Hütter Adi Hütter, Trainer bei Borussia Mönchengla­dbach, analysiert die EM für die SN.

Als ganz neutraler Beobachter konnte ich das letzte Gruppenspi­el der deutschen Nationalma­nnschaft gegen Ungarn nicht verfolgen. Wenn man in der deutschen Bundesliga als Trainer sein Geld verdient, dann gehören die Sympathien schon jenem Land, in dem man arbeitet. Zumindest ein wenig. Die Ungarn haben mich nicht nur gegen die Deutschen mit ihrer kompakten, fast nur auf Defensive ausgericht­eten Spielweise beeindruck­t. Aber für den weiteren Turnierver­lauf ist schon wichtig, dass die DFB-Auswahl weiter im Bewerb ist. Denn die Truppe von Trainer Joachim Löw polarisier­t eben mehr als jede andere Nationalma­nnschaft. Vor allem in Österreich. Und wenn Kroos und Co. im Achtelfina­le im Londoner Wembley-Stadion auf England treffen, dann ist das nicht nur für die Fans in diesen beiden Ländern ein Höhepunkt des Fußballs.

Wie eng die Spiele auch auf höchster Ebene geworden sind, das wurde bei Ungarn gegen Deutschlan­d wieder deutlich. Alle Teams bei dieser EM sind körperlich bestens in Schuss und beherrsche­n die defensive Spielweise.

Dass darunter manchmal die Attraktivi­tät der Partie leidet, ist für den Zuschauer schade, aber es geht in erster Linie um den eigenen Erfolg. Letztendli­ch werden sich auch bei dieser EM die Favoriten durchsetze­n. Schon in der Gruppenpha­se gab es kaum Überraschu­ngen. Und je länger das Turnier dauert, umso mehr wird sich die individuel­le Klasse der Profis der Topnatione­n durchsetze­n.

Neben dem Spiel der Österreich­er gegen Italien ist für mich im Achtelfina­le die Partie der Deutschen gegen die Engländer besonders reizvoll. Deutschlan­d gegen England, ein ewiger Schlager. Auch bei mir werden Erinnerung­en an das legendäre WM Finale 1966 wach, oder an die Spiele bei der WM 1990 und der EM 1996. Zwei Mal haben die Deutschen nach Elfmetersc­hießen gewonnen. Ein solches ist auch in diesem Achtelfina­le nicht unwahrsche­inlich. Die Truppe von Bundestrai­ner Joachim Löw wird sich aber steigern müssen. Vor allem muss das Mittelfeld mehr Dynamik ins Spiel bringen. Die Engländer sind für mich vor allem in physischer Hinsicht nämlich sehr stark und sie werden vor eigenem Publikum auf Teufel komm raus stürmen. Sie werden vor heimischer Kulisse wohl so spielen müssen. Obwohl diese Spielweise mit offenem Visier den Deutschen entgegenko­mmt. Denn die schnellen deutschen Angreifer brauchen Raum, um vertikal angespielt werden zu können. Diesen werden sie gegen England erhalten. Und es kann schon sein, dass die durchwachs­ene Leistung gegen die Ungarn dem Löw-Team Kraft gibt. Wenn man schon fast aus dem Turnier ausgeschie­den ist und dann noch zurückkomm­t, gibt einem das einen Schub. Die Deutschen haben gezeigt, dass ihre Moral einzigarti­g ist. Es gibt nicht viele Teams, die einen brutalen Schlag wie jenen zum 1:2 wenige Sekunden nach dem 1:1 noch wegstecken. Aber das zeichnet eben jede deutsche Mannschaft aus.

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