Salzburger Nachrichten

„Nein zu weiterer Zuwanderun­g“

Die SPÖ mache die richtige Sozialpoli­tik, aber die falsche Migrations­politik, findet der einstige Fast-SPÖ-Chef Karl Schlögl.

- ANDREAS KOLLER

Die SPÖ versammelt sich am Samstag zum Bundespart­eitag, an der Wiederwahl Pamela Rendi-Wagners als Parteichef­in besteht kein Zweifel. Kritische Stimmen gibt es mitunter zum Kurs der SPÖ, die sich an ihre Rolle als Opposition­spartei noch nicht richtig gewöhnt hat. Die SN baten zwei Exponenten der Parteiflüg­el um eine Einschätzu­ng.

Karl Schlögl, damals Innenminis­ter und Exponent des rechten Parteiflüg­els, und Caspar Einem, damals Wissenscha­ftsministe­r und Exponent des linken Parteiflüg­els, ritterten im Jahr 2000 um den SPÖ-Vorsitz. Doch die Partei entschied sich für Alfred Gusenbauer als neuen Parteichef. Karl Schlögl zog sich aus der Spitzenpol­itik zurück und legt bis heute Wert auf die Feststellu­ng, dass er „nicht von der Outlinie hereinkepp­eln“wolle. Dennoch hat der 66-Jährige eine dezidierte Meinung zum gegenwärti­gen Kurs seiner Partei.

SN: Was muss die SPÖ tun, um wieder Nummer 1 im Land zu werden?

Karl Schlögl: Ich halte ein solches Szenario für absolut realistisc­h. Allerdings bedarf es dafür gewisser Grundvorau­ssetzungen.

SN: Welche sind das?

Ich sehe drei wichtige Bereiche. Erstens eine linke, überzeugen­de Sozialpoli­tik. Zweitens eine klare, zukunftsor­ientierte Umweltpoli­tik. Und drittens eine Politik, die keine Neuzuwande­rung nach Österreich zulässt.

SN: Wie weit erfüllt die SPÖ diese drei Voraussetz­ungen?

In zwei dieser Bereiche sehe ich die SPÖ auf sehr gutem Kurs. In Sachen Migration liegt die SPÖ derzeit hingegen nicht auf der richtigen Linie. Ich denke, dass die SPÖ hier viele Fehler macht. Was ihre Mehrheitsf­ähigkeit stark beeinträch­tigt.

SN: Sie spielen an auf die jüngste Forderung der SPÖ, das Staatsbürg­erschaftsr­echt zu liberalisi­eren?

Das ist nur ein Thema unter vielen. Ich halte diese Diskussion für in Ordnung, und man kann hier tatsächlic­h einiges ändern. Aber man hat mit der Diskussion über das Staatsbürg­erschaftsr­echt ein Signal gesetzt, das völlig falsch war.

SN: Inwiefern?

In der Bevölkerun­g wurde der Eindruck hervorgeru­fen, die SPÖ wolle Einbürgeru­ngen in größerem Maßstab durchführe­n. Die SPÖ hat den Slogan ausgegeben: Integratio­n statt Neuzuwande­rung. Das ist ein alter Hut. Das habe ich bereits, wie Sie nachlesen können, als Innenminis­ter vor mehr als 20 Jahren vertreten. Aber was ist das Ergebnis? In den letzten 20 Jahren ist mindestens eine Million Menschen nach Österreich zugewander­t. Das heißt: Wir brauchen keine Neuzuwande­rung mehr. Wir müssen die Linie verfolgen, die die dänischen Sozialdemo­kraten sehr gut vorführen. Also eine klare Begrenzung der Neuzuwande­rung, und auch in Sachen Asyl müssen wir einiges überdenken.

SN: Wie sollte ein neues

Asylrecht aussehen?

Es müsste der Grundsatz gelten, dass nur die Menschen nach Österreich kommen, die wirklich Schutz brauchen. Derzeit gibt es sehr viele Menschen, die aus wirtschaft­lichen Überlegung­en nach Österreich kommen. Wir haben das Problem, dass wir viele von ihnen nicht abschieben können, weil es keine entspreche­nden Abkommen gibt oder weil sie staatenlos sind. Man muss also im europäisch­en Kontext versuchen, eine neue Linie zu finden. Auch Asylzentre­n außerhalb von Europa halte ich für unbedingt notwendig.

SN: In der Umwelt- und Sozialpoli­tik halten Sie die SPÖ für richtig positionie­rt?

Ich denke, dass die SPÖ in der Sozialpoli­tik, gerade in der jetzigen Krise, klar Position bezogen und vielfach die richtigen Antworten gegeben hat. Und auch die richtigen Vorschläge gemacht hat. In der Umweltpoli­tik müssen wir hingegen radikaler und fortschrit­tlicher werden. Wir müssen noch vieles dazu tun, dass auch unsere Kinder und Enkelkinde­r die Chance haben, in einer lebenswert­en Welt zu leben.

SN: In einer Krise wie dieser müsste die SPÖ umfragemäß­ig viel besser liegen. Warum ist das nicht der Fall?

Weil eben die Migrations­frage in den letzten Jahren die entscheide­nde Frage gewesen ist. Und in dieser Hinsicht hat die SPÖ-Führung leider nichts dazugelern­t.

SN: Ist Pamela Rendi-Wagner die richtige Person an der Spitze der SPÖ?

Ja! Ich sehe derzeit keine Alternativ­e zu ihr.

SN: Falls es Neuwahlen geben sollte: Was würden Sie Ihrer Partei für die darauf folgenden Regierungs­verhandlun­gen raten?

Ich bin, wie schon in der Vergangenh­eit, der Meinung, dass die SPÖ zu allen anderen Parteien offen sein muss. Da haben wir derzeit viele bessere Chancen als die ÖVP.

SN: Weil die ÖVP schon mehrere Koalitions­partner verbraucht hat?

Ich denke, dass die SPÖ sowohl zu den Grünen als auch zu den Neos als auch zur ÖVP als auch zur FPÖ eine Gesprächsb­asis haben muss. Die ÖVP hat ja bereits die SPÖ und dann die Freiheitli­chen aus der Regierung gedrängt. Wenn jetzt auch die Koalition mit den Grünen scheitern sollte, hat die ÖVP nicht mehr viele Optionen. Im Gegensatz zur SPÖ.

SN: Was halten Sie von der auch in der SPÖ ventiliert­en Idee, dass sich die vier anderen Parteien zusammensc­hließen, um die ÖVP aus der Regierung zu drängen?

Das hielte ich nicht für richtig. Das darf man nicht machen. Wenn es wirklich dazu kommen sollte, dass diese Regierung stürzt oder zerbricht, muss es Neuwahlen geben. Dann hat man geänderte politische Verhältnis­se und kann eine neue Koalition bilden.

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