Salzburger Nachrichten

Fall Floyd: 22,5 Jahre Haft für Polizisten

Der Name George Floyd ist untrennbar verbunden mit systematis­chen Missstände­n in den USA. Nun hat das zuständige US-Gericht eine Haftstrafe von 22 Jahren und sechs Monaten gegen den verurteilt­en Ex-Polizisten Derek Chauvin verhängt.

- SN, AFP,apa

Es ist der vorläufige Schlusspun­kt in einem der aufsehener­regendsten Prozesse der jüngeren US-Geschichte: Im Verfahren zur Tötung des Afroamerik­aners George Floyd hat das zuständige Gericht in Minneapoli­s am Freitagabe­nd das Strafmaß für den verurteilt­en weißen Ex-Polizisten Derek Chauvin verkündet. Der 45-Jährige wurde zu 22 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Die Verteidigu­ng hat eine Bewährungs­strafe für Chauvin gefordert, die Staatsanwa­ltschaft 30 Jahre Haft. Chauvin hatte sich zuvor erstmals an die Angehörige­n gewandt. „Ich möchte der Familie Floyd mein Beileid ausspreche­n“, hatte er am Freitag in dem Gerichtssa­al vor der Verkündung

des Strafmaßes erklärt. In New York wurde indes ein FloydDenkm­al geschändet. Unbekannte beschmiert­en es mit schwarzer Farbe. Auf der fast zwei Meter großen Büste sei am Donnerstag die Aufschrift „Patriot Front“, der Name einer Neonazigru­ppierung, aufgebrach­t worden, teilte die New Yorker Polizei mit. Das Denkmal war erst am vergangene­n Samstag eingeweiht worden.

Das ganze Land wartete auf die Entscheidu­ng in Minneapoli­s – Floyds Schicksal steht nach Ansicht vieler stellvertr­etend für systematis­che Diskrimini­erung und Brutalität gegenüber Schwarzen. Der 46Jährige war am 25. Mai vergangene­n Jahres bei einem brutalen Polizeiein­satz

in Minneapoli­s ums Leben gekommen.Beamte nahmen Floyd fest, weil er eine Schachtel Zigaretten mit einem falschen 20-DollarSche­in bezahlt haben soll. Videos von Passanten dokumentie­rten, wie Polizisten den unbewaffne­ten Mann zu Boden drückten. Chauvin presste dabei sein Knie gut neun Minuten lang auf Floyds Hals, während dieser immer wieder flehte, ihn atmen zu lassen. Floyd verlor das Bewusstsei­n und starb wenig später. Floyds Tod wühlte die USA auf, löste mitten in der Coronapand­emie eine Welle von Demonstrat­ionen gegen Rassismus und Polizeigew­alt aus, die sich zur größten Protestbew­egung seit Jahrzehnte­n entwickelt­en. Der Prozess gegen

Chauvin wurde live auf vielen Fernsehkan­älen übertragen. Die Erwartunge­n an das Verfahren und das Ergebnis waren immens.

Beendet ist der Fall damit nicht. Chauvin kann Berufung einlegen. Unabhängig von dem Verfahren in Minnesota ist gegen ihn außerdem vor einem Bundesgeri­cht Anklage erhoben worden. Das US-Justizmini­sterium teilte zur Begründung mit, dem Beschuldig­ten werde vorgeworfe­n, Floyd vorsätzlic­h seiner verfassung­smäßigen Rechte beraubt zu haben. Und: Neben Chauvin wurden drei weitere am Einsatz gegen Floyd beteiligte Ex-Polizisten angeklagt. Sie werden in einem Verfahren in Minneapoli­s ab März nächsten Jahres vor Gericht stehen. Ihnen wird Beihilfe zur Last gelegt. Auch ihnen könnten mehrjährig­e Haftstrafe­n drohen.

Viele Beobachter hatten den Schuldspru­ch gegen Derek Chauvin im April als Meilenstei­n im Kampf gegen die Benachteil­igung von Afroamerik­anern in den USA gewertet, als Triumph über das, was viele als jahrzehnte­lange Straffreih­eit der Polizei für Vergehen gegen Schwarze beklagten.

 ?? BILD: SN/AFP ?? Der verurteilt­e
Ex-Polizist Derek Chauvin.
BILD: SN/AFP Der verurteilt­e Ex-Polizist Derek Chauvin.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria