Salzburger Nachrichten

Polarisier­ung bringt Profit, aber gefährdet das größere Ganze

In Österreich fühlen sich markant Rechte erst leicht unterreprä­sentiert. In den USA hat ihre Ausgrenzun­g durch Medien fatale Folgen.

- Peter Plaikner Peter Plaikner ist Politikana­lyst und Medienbera­ter mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.

Die Hauptbotsc­haft des Digital News Report (DNR) 2021 lautet: Seit Corona ist das Vertrauen in Nachrichte­n gewachsen wie nie zuvor. Die globale Studie mit dem von der Universitä­t Salzburg erstellten Austro-Kapitel enthält zudem klare Signale, wohin die Reise von Medien und Politik in Österreich gehen soll. Denn ausgerechn­et bei den ausgeprägt Linken wie den markant Rechten ist das Vertrauen am stärksten gestiegen. Es liegt insgesamt bei 46 Prozent. Das ist mehr als im Schnitt aller 46 untersucht­en Staaten. Finnland führt mit 65, Schlusslic­ht sind die USA mit 29 Prozent.

Problemati­sch ist in den Vereinigte­n Staaten vor allem das Auseinande­rklaffen von Anhängern der Demokraten und Republikan­er. Eine andere, seit 1972 jährlich von Gallup veranstalt­ete Umfrage bezifferte den Unterschie­d zuletzt mit drei Vierteln gegenüber einem Zehntel. Sie haben sich nichts mehr zu sagen, hören einander nicht zu und nutzen vollkommen unterschie­dliche Quellen. Die daraus entstehend­e extreme Anfälligke­it für Propaganda bis Fake News gibt es in Österreich noch nicht. Laut DNR liegen die Mitte-links-Orientiert­en voran und die ausgeprägt Rechten sind das Schlusslic­ht – die einen mit 51, die anderen mit immerhin 40 Prozent Nachrichte­nvertrauen.

Doch das Virus der Desinforma­tion ist angelangt. Markante Rechte sind als einzige Gruppe mit dem Ausmaß der Berichters­tattung über die eigene politische Orientieru­ng nicht mehrheitli­ch zufrieden. Das birgt die Gefahr, dass sie sich von etablierte­n Quellen abwenden, und ist eine Mahnung, solche Positionen nicht zu ignorieren. Sonst wächst eine Parallelge­sellschaft – unerreichb­ar für seriöse Informatio­n. Sie ist in den USA auch deshalb so groß, weil sich viele Bürger in etablierte­n Medien nicht mehr wiederfind­en. Von der „New York Times“ bis zu CNN gewinnen Zeitungen und Sender durch Polarisier­ung. Der massenhaft wachsende Wunsch, unter seinesglei­chen zu bleiben, lässt Abos und Quoten steigen.

Was dadurch gesellscha­ftlich und demokratie­politisch angerichte­t wird, muss Österreich­s Medien eine Warnung sein, diese kurzfristi­ge Profitmögl­ichkeit durch ideologisc­h betriebene Verengung von Informatio­n nicht zu nutzen. Das ist bisher der Fall. Ob die politische Bandbreite von Zeitungen, Sendern, Programmen ausreicht, wird sich auch daran zeigen, ob die parteiisch­en Digitalmed­ien langfristi­g Erfolg haben oder bald wieder verschwind­en werden wie einst die Parteizeit­ungen. Mit Ausgrenzun­g ist dies nicht zu erreichen, sondern nur durch erkennbar andere Informatio­nsqualität.

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